Witten. .

Auf dem Land herrscht Ärztemangel.

Beispiel Buchholz. „Bisher ist kein Nachfolger für mich in Sicht“, sagt Dr. Marina-Liane Burlan (60), die seit 19 Jahren ihre Hausarztpraxis in dem Herbeder Ortsteil betreibt und inzwischen die einzige Allgemeinmedizinerin für über 1000 Patienten ist.

20-mal die Woche macht die leidenschaftliche Medizinerin Hausbesuche. Sie hat immer ein offenes Ohr für ihre Patienten. Dr. Marina-Liane Burlan gehört noch, wie sie selbst sagt, zur alten Garde. Sie mache quasi alles. In ihrer Praxis steht sogar ein gynäkologischer Stuhl. Natürlich hat sie die Zulassung dafür.

Ärztesprecher Dr. Frank Koch sieht die Berufssparte „Land- und Hausarzt“ als bedroht an. Das hat triftige Gründe. Das durchschnittliche Alter der Wittener Hausärzte liege bei 57 Jahren. In spätestens zehn Jahren seien 40 Prozent aller jetzt noch praktizierenden Hausärzte in Rente, so Koch. Deren Nachfolge stehe in den Sternen. „Unser erstes Sorgenkind wird Stockum werden. Dort sind beide Ärzte über 60 Jahre alt und es ist weit und breit kein Nachfolger in Sicht“, erklärt Koch. Kurze Zeit später werden seiner Meinung nach dann Durchholz, Herbede und Heven betroffen sein.

Der Beruf des Landarztes müsse sich wandeln, meint Dr. Paul Jansen (55), Leiter der allgemeinmedizinischen Abteilung an der Universität Witten/Herdecke. „Landärzte praktizieren oft noch eine sehr konservative Medizin, die von den Studenten nicht als innovativ genug angesehen wird“ , erklärt er. Vor allem die häufig noch bestehende Konkurrenz zwischen Landärzten und städtischen Kollegen stehe der Berufsgruppe im Weg. „Nur, wenn die jetzigen Ärzte vom Land es schaffen, innovativ mit neuester Technik und kooperativ zu arbeiten, können sie Medizinstudenten für den Job begeistern“, meint der Wissenschaftler.

Der finanzielle Aspekt spielt für die Ärzte von morgen ebenfalls eine Rolle. Heutzutage werde vom Land mehr Geld in die Diagnostik als in die sprechende Medizin gesteckt, sagt Dr. Paul Jansen. „Dadurch haben Landärzte, die mit ihren Patienten vielleicht ausführlichere Gespräche als ein Klinikarzt führen, einen großen finanziellen Nachteil und können zum Teil auch keine Studenten mehr für ein praktisches Jahr aufnehmen.“

Dr. Marina-Liane Burlan aus Buchholz liebt die Arbeit auf dem Land. Sie will die familiäre Nähe zu ihren Patienten nicht missen. „Die Arbeit hier ist erfüllender als in einer Klinik, in der ich zehn Jahre arbeiten durfte. Viele junge Leute trauen sich vielleicht einfach nicht aufs Land. Aber ich rate es jedem.“

Für die 60-Jährige ist noch lange nicht Schluss. Aber selbst sie geht einmal in Rente. Wenn es dann keinen Nachfolger gibt, stehen über 1000 Patienten vor der Frage: Zu welchem Arzt kann ich gehen?