Witten. . Die Wittener Tafel bangt um ihre Existenz. Die Hilfsorganisation hat mit ständig sinkenden Einnahmen durch Spenden zu kämpfen. Das Aus scheint nicht ausgeschlossen.
Die Wittener Tafel bangt um ihre Existenz. Die Hilfsorganisation hat mit ständig sinkenden Einnahmen durch Spenden zu kämpfen.
Noch komme man gerade so über die Runden, sagt Mareike Schreiber (30), die die Geschäfte leitet. Aber die Aussichten sind düster: „Wenn sich die Einnahmesituation so weiterentwickelt, müssen wir dicht machen.“
Die dunklen Wolken über der Herbeder Straße 22 würde Mareike Schreiber am liebsten schnell vertreiben. „Die Menschen brauchen uns. Die nächste Tafel gibt es erst in Bochum.“ Der kleine Laden, in dem Bedürftige vergünstigt Lebensmittel kaufen können, das kostenlose Frühstücks- und Mittagsangebot, die ärztliche Grundversorgung – all das steht auf der Kippe, wenn das Geld noch knapper wird.
Das Problem: Eine relativ konstante Einnahmequelle sind allein die Beiträge der 40 Mitglieder der Tafel (zwischen 36 und 300 Euro pro Jahr), die eine Art Dauerspender sind. Ansonsten ist man auf das Prinzip Hoffnung angewiesen.
Denn die Tafel finanziert sich neben den Mitgliedsbeiträgen nur durch den Verkauf der Produkte, die 26 Supermärkte und Bäckereien der Hilfsorganisation spenden, weil sie aussortiert wurden. Und durch Spenden von Privatpersonen und Unternehmen. Von der Stadt, die selbst in Geldnöten steckt, gibt es keine Mittel. Nur über das Jobcenter leistet sie einen Beitrag. Es bezahlt die Mitarbeiter, die sich in einer berufsfördernden Maßnahme befinden.
Weil die Spenden seit etwa drei Jahren eingebrochen seien und auf der anderen Seite die Kosten weiter steigen würden, erklärt Mareike Schreiber, schreibe die Tafel über das Jahr gesehen mittlerweile rote Zahlen. Insgesamt habe die Organisation seit 2008 20 Prozent mehr Kosten als Einnahmen. „Auf Dauer können wir so nicht bestehen.“
Allein ein kleines finanzielles Polster und die Weihnachtsspenden verhinderten, dass man in die Schuldenfalle gerate. In diesem Falle könne es aus sein mit der Tafel. Auch die Erlöse aus dem Ladenverkauf können die steigenden Kosten und die gleichzeitig sinkenden Spendeneinnahmen nicht ausgleichen. Für ein Brötchen vom Vortag bekommt die Tafel zwei Cent von den Kunden, für ein Kilo Obst 25 Cent.
Zu Buche schlagen auf der Minusseite vor allem Stromkosten, die Miete der 120 Quadratmeter großen Wohnung, die Kosten für einen Wagen, mit dem die Lebensmittel von den Supermärkten und Bäckereien abgeholt werden, sowie das Personal. Zurzeit arbeiten bei der Tafel drei fest angestellte Kräfte, zwei Minijobber und zehn Ehrenamtliche über den Monat verteilt. Insgesamt kommen dabei Ausgaben im hohen vierstelligen Bereich zusammen. Zu gern würde Mareike Schreiber diese Kosten runterfahren. Allein: „Es geht nicht.“
„Unsere Räume reichen gerade aus, damit wir unsere Arbeit machen können“, erklärt die Mitarbeiterin. Eine kleinere und damit günstigere Wohnung? „Unmöglich.“ Untergebracht werden müssen ein kleines Büro, der Laden, ein Aufenthaltsraum, eine Küche und ein Raum für die Anlieferung der Lebensmittel.
Die Stromkosten platzen mittlerweile aus allen Nähten, weil 2010 schon 600 Kunden auf der Liste der Tafel standen – doppelt so viele wie noch 2004. Schreiber: „Je mehr Kunden, desto mehr muss gekocht und gekühlt werden.“ Und Personal musste bei dem steigenden Bedarf auch immer wieder neu eingestellt werden.
Während es in der Vergangenheit noch Überschüsse gab und Geld für den Wagen, neue Regale oder einen großen Herd zurückgelegt werden konnte, sei das mittlerweile nicht mehr drin, erklärt Mareike Schreiber. Das ständige Minusgeschäft habe ein Polster, das man sich für Notfälle wie Reparaturen angelegt hatte, fast aufgefressen. Rücklagen für Projekte könnten erst recht nicht mehr gebildet werden. „Wenn unser Auto oder ein Kühlschrank kaputtgeht – es wäre eine Katastrophe.“
Gerade erst konnten mit Mühe und Not das Auto und ein Regal repariert werden. Doch schon am Montag ereilten Mareike Schreiber die nächsten Hiobsbotschaften. Die Dunstabzugshaube ist defekt, eine Herdplatte tut es auch nicht mehr. Wie das nun finanziert werden soll – bei der Tafel weiß man es noch nicht.