Witten. . Knallgrün leuchtet das Graffiti mit dem Wort „Freiheit“. Vor dieser Wand hocken drei schwarz vermummte Jugendliche. Dass es junge Neonazis sind, erschließt sich dem Zuschauer nicht auf den ersten Blick.

Dabei stammt die Szene aus einem Propagandavideo der radikalen rechten Dortmunder Szene, den Autonomen Nationalisten. Sozialwissenschaftlers Jan Schedler (34) sprach über sie im Rahmen der der Veranstaltungsreihe „Beat it!“ in der Werkstadt.

In der dreiteiligen Reihe beleuchtet das sozio-kulturelle Zentrum das moderne Erscheinungsbild des Rechtsextremismus. 2002 entstand die erste Gruppe der „Autonomen Nationalisten“ in Berlin. Schedlers These: „Diese lose strukturierten Gruppen auf lokaler Ebene sind das Kernstück der Modernisierung der deutschen extremen Rechten.“ Was ihre Kleidung, ihren Musikgeschmack und ihr Auftreten betrifft, sieht sich die junge Generation nicht mehr eng an alte Traditionen gebunden - die Werte der Nationalsozialisten bleiben aber die gleichen. „Man kann mit dem Skateboard nach Hause fahren und da steht dann die Hitlerbüste“, sagt der Forscher.

Irritierend und verstörend sei vor allem die Anlehnung an die Radikale Linke. Neben organisatorischen Strukturen werden sogar Symbole entliehen. Ein Foto einer Dortmunder Demonstration zeigt einen Neonazi, der ein T-Shirt mit dem Aufdruck des marxistischen Revolutionärs Che Guevara trägt. Die Botschaft ist schlicht: Rebellion. „Es geht darum, Jugendlichen Erlebnis zu bieten“, so Schedler.

Das zeigt auch das Propaganda-Video. Dortmund bundesweit bedeutend für den modernen Nationalismus, so Schedler. „In Witten gibt es meines Wissens keine organisierte Bewegung, die unter eigenem Namen auftritt, das heißt aber nicht, dass es keine Szene gibt.“ Die rechtsextremen Wittener seien wohl in Dortmund aktiv. Dort klebt die Gruppe „Nationaler Widerstand“ regelmäßig Flyer und Sticker an die Bahnhofswände, wirft ihre Broschüren in Briefkästen und sprüht Graffitis - illegal. „Und das zieht Jugendliche an.“

Gefährlich sei vor allem die Legitimierung der Gewalt, meint Schedler. Die Dortmunder Gruppe verübe nicht nur Gewalt gegen die Polizei, die linke Szene und Journalisten, sondern auch gezielt gegen Einzelpersonen. „Die Gewaltbereitschaft hat massiv zugenommen.“ Das sei auch der Grund, warum man aufklären müsse: „5000 Rechtsextreme sind vielleicht keine Gefahr für den Staat, allerdings sind sie eine Gefahr für den Alltag!“