Witten. .

Diese Kalendermodels sind ein Hingucker: Zum dritten Mal schlüpften dafür Senioren aus dem Altenzentrum am Schwesternpark in eine andere Rolle.

Eigentlich können sich die meisten der Models im Alltag kaum ohne Rollatoren vorwärts bewegen, aber auf den zwölf Kalenderbildern wirkt nicht eines von ihnen gebrechlich. Im Gegenteil: Stolz, vertieft in die Rolle und mit großem Spaß bei der Sache - so zeigen sich die Bewohner des Altenzentrums Feierabendhäuser auf den Schwarz-Weiß-Fotos für den dritten Jahreskalender „Schönheit im Alter“.

Jedes Bild präsentiert einen Heimbewohner in einem alten Beruf, jedes Bild zeigt eine andere Pose. Sie zeigen sich als Bergmann, Werkzeugmacher, Küchenhilfe. Historische Berufe sind das Kalenderthema der kommenden Ausgabe. Und ein echtes Erfolgserlebnis: „Der Kontakt mit der alten Berufswelt hat viel bei den Senioren ausgelöst“, sagt Initiator, Heimleiter und Hobbyfotograf Andreas Vincke. Manche seien geradezu aufgewacht aus ihrer Demenz.

Um sie ins rechte Licht zu rücken, hat Heimleiter Vincke seine Models an Industrieorte gefahren, die mittlerweile als Museen typische Ruhrgebiets-Geschichte erlebbar machen. Zechen, Gruben, Arbeitsstätten. Die Fotos wirken sehr authentisch. Dabei sind die Heimbewohner nur in Rollen geschlüpft, nicht in ihre wirklichen Berufe von früher.

Da ist die fast 99-jährige Otti Ortmann, von allen im Heim nur „Schwester Otti“ genannt. Sie schaut etwas kritisch in die Runde: „Ach, nicht schon wieder ein Foto“, sagt sie bei der Präsentation des Kalenders. „So wichtig bin ich nicht.“ Ihr Sektglas hat sie auf dem Rollator abgestellt, ihren Kragen schmückt eine Brosche. Für den Kalender posierte sie als Buchhalterin, die zwischen schweren alten Akten wühlt. Im wirklichen Leben war diese fröhliche, fast 100-jährige Frau OP-Schwester. „Ich hatte 20 Jahre den gleichen Chefarzt. Wo gibt es das noch?“, fragt sie.

Nicht weit entfernt sitzt Günter Obiora (77). Er ließ sich vor einem Ziegeltransportwagen an der Zeche Nachtigall ablichten. Im wirklichen Leben hatte er als Stahlarbeiter in Bochum ebenfalls ein hartes Leben. So war das im Pott. Das Kalenderfoto hat ihm Spaß gemacht und „ist wirklich gut gelungen“, findet er. Beim Sprechen stützt er sich auf den Rollator.

Fast alle Senioren erzählen, wie viel Spaß sie beim Rollentausch hatten. Es muss eine große Herausforderung gewesen sein: die Kleidung zu besorgen, die Orte für das Fotografieren vorzubereiten und das Anziehen der betagten Models möglich zu machen. „Das hat viel mit Vertrauen zu tun“, sagt Initiator Andreas Vincke. Ich kenne die Heimbewohner gut, das macht die Situation lockerer.“

Den Fotos hat die Nähe gut getan: Da steht die 81-jährige Hildegard Recka am Holzofen und schwingt einen Kessel als bekäme sie gleich Besuch. Nichts deutet auf dem Foto darauf hin, dass sie seit 13 Jahren im Heim wohnt und mal einseitig gelähmt war. „Was war das für eine tolle Küche“, sagt sie.