Witten. .

Weniger Pflege, weniger Kosten: Der Trend zu immer mehr anonymen Bestattungen, Rasengräbern und Feuerbestattungen geht an Witten nicht vorbei.

Die großen Verlierer dieser Entwicklung sind Floristen und Steinmetze, die sich auf Grabschmuck und -pflege spezialisiert haben. Gärtnermeister Günther Flohr betreut mehrere Wittener Friedhöfe und zeigt sich besorgt: „Letztes Jahr hatten wir 49 Prozent Urnenbeisetzungen, dieses Jahr sind es schon 65 Prozent - und es wird immer mehr.“

Jutta Wiegold bestätigt die Problematik im Steinmetz-Bereich: „Man weiß nicht, was kommt. Es gibt kaum noch Standardgrabsteine, dafür aber zum Beispiel Platten für die Kolumbarien.“ Bei dieser Art der Bestattung werden die Urnen für 30 Jahre in einer Art Stele oder Säule verwahrt.

Auf den fünf städtischen, fünf evangelischen und drei katholischen Friedhöfen bietet sich überall dasselbe Bild. Die typischen Pflegegräber verschwinden zusehends. Sie werden durch Rasengräber ersetzt. Hier erinnert kein aufwendiges Grabmal an den Toten, sondern nur eine 30 mal 40 Zentimeter große Platte. Auch die Anzahl anonymer Begräbnisse steigt stetig. In Nachbarstädten wie Hagen liegt deren Anteil inzwischen bei 60 Prozent.

„Außerdem nehmen die Urnenbestattungen deutlich zu“, weiß Hannelore Oswald von der städtischen Friedhofsverwaltung. „Viele Menschen denken, eine Feuerbestattung sei günstiger als eine Erdbestattung“, erklärt Bestatterin Birgit Brotkorb. Dabei handele es sich um einen maximalen Kostenunterschied von 1000 Euro. Bestatter Georg Temme sagt sogar, der Preis unterscheide sich überhaupt nicht.

Pastor Jochen Winter von der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul in Herbede sieht den Grund für die Tendenz zu Rasengräbern und Urnenbestattungen woanders. „Durch die Mobilität heutzutage wohnen Kinder oft nicht mehr in der Nähe ihrer Eltern.“ Der Aufwand, den die Pflege einer Grabstelle mit sich bringt, ist für die Angehörigen bei anonymen Grabstellen und Rasengräbern deutlich geringer - und preiswerter.

Gleichzeitig sind neue Bestattungsformen gefragt. Im Kolumbarium auf dem Hauptfriedhof kostet ein solcher Platz 1440 Euro. Obwohl die Preise für ein herkömmliches Pflege- (Stadt: 953 Euro) oder Rasengrab (1053 Euro) deutlich darunter liegen, erfreut sich diese Variante immer größerer Beliebtheit.

Wer’s ganz ausgefallen mag, kann seine Asche auch in einen Edelstein verwandeln oder seine Urne in den Weltraum verfrachten lassen. „Danach wird aber fast nie gefragt. Da kommt schon eher die Forstbestattung in Frage“, sagt Bestatterin Birgit Brotkorb. Dabei erwirbt man für 99 Jahre das Nutzungsrecht für einen Baum, unter dem dann die ganze Familie ihre letzte Ruhe finden kann. Diese Möglichkeit besteht etwa in Hagen.

Obwohl die Friedhofskultur langsam verdrängt wird, erfreut sich Brotkorb an einem anderen Trend: „Die Beerdigungen sind liebevoller.“ Gemeint ist, dass die Angehörigen die Beerdigung individueller nach dem Verstorbenen ausrichten. Brotkorb: „Ein Mensch soll genau so beerdigt werden, wie er gelebt hat.“