Witten. .
Ein Gottesdienst auf einen Samstagabend ist eher unüblich. Dass man dann auch noch die Friedenskirche fast voll besetzt sieht, verwundert doch.
Die Erklärung ist rasch gefunden: Die evangelische Gemeinde bekommt das Nagelkreuz aus dem englischen Coventry überreicht.
Das Symbol der Versöhnung, das zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, um genau zu sein 1940 von einem englischen Pfarrer etabliert wurde, ging bereits an 56 Gemeinden in Deutschland. Annen erhält als 57. Gemeinde das Kreuz aus Nägeln von David Porter aus dem Internationalen Zentrum für Versöhnung in Coventry. Pfarrer Claus Humbert ist bewegt von der Übergabe. Denn er fährt mit seinen Konfirmanden jedes Jahr nach Coventry. „Wir begegnen dem Thema der Versöhnung immer wieder wenn wir in die englische Stadt fahren. Und dann mit den Jugendlichen über dieses Thema zu sprechen, berührt mich schon.“
Um 18 Uhr begannen Pfarrer Claus Humbert und seine Frau Pfarrerin Sabine Maiwald den Gottesdienst mit einer deutsch-englischen Begrüßung. Besonders die Tatsache, dass Claus Humbert sich schon vorab entschuldigte für seine Simultanübersetzung der späteren Predigt, sorgte für Gelächter unter den englischen Gästen. Neben David Porter waren auch 40 Gäste aus Sheffield angereist, die eine Woche in Witten verbringen werden.
Während der Predigt erklärte der Direktor des Internationalen Zentrums der Versöhnung die Geschichte des Nagelkreuzes. Das im zweiten Weltkrieg von den Deutschen stark bombardierte Coventry übergab bereits 1947, das heißt zwei Jahre nach Kriegsende das erste Nagelkreuz an eine Gemeinde in Kiel. „Das spricht für Versöhnung, wie man es sich nur vorstellen kann“, so Pfarrer Humbert.
Während des zweisprachigen Gottesdienstes sang ein Jugendchor der Gemeinde und es spielte der Posaunenchor anstatt der sonst traditionellen Orgel. Die Lieder des Gottesdienstes sang jeder Besucher in seiner eigenen Sprache mit.
Jedes Jahr im Frühjahr besucht Pfarrer Claus Humbert mit den derzeitigen Konfirmanden die Gemeinde in Sheffield. Im Gegenzug kommen die Besucher aus Sheffield meistens im Herbst nach Witten. In diesem Jahr steht für die Gäste einiges auf dem Programm. Der Besuch von Synagogen in Duisburg und Bochum sowie die Geschichte des Ruhrtals und Shopping in der Hattinger Altstadt stehen auf dem Programm. Claus Humbert: „Man kann das Programm ‘Kirche in einer multikulturellen Gesellschaft’ nennen.“
Am sonntäglichen Gottesdienst ließ sich eine Konfirmandin taufen. Sie wollte die englischen Gäste dabei haben. Humbert: „Und dafür hat sie dann noch bis zu ihrem Besuch mit der Taufe gewartet.“