Witten. .
Nach jahrelanger Diskussion führt der Kreis jetzt probeweise das Sozialticket für bedürftige Menschen ein. Ab Montag (24.10.) können sie die Berechtigungsausweise beantragen.
Mit dem mehrheitlich von SPD und Grünen gefassten Beschluss im Kreistag wird der Weg für die verbilligte Monatskarte für Bus und Bahn frei. Berechtigte Nutzer sind rund 22 000 Menschen im Kreis, vor allem Hartz-IV-Empfänger und Bezieher von Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld oder Asylbewerber. Statt 50,77 Euro wird sie das Ticket der Preisstufe A nur 29,90 Euro monatlich kosten. Damit können sie eines von drei Tarifgebieten im EN-Kreis ohne Zusatzticket befahren: Witten/Herdecke und Wetter, Hattingen und Sprockhövel sowie im Südkreis Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld.
Ausgehend von den Erfahrungen in Dortmund rechnet der Kreis allerdings keineswegs mit einem Ansturm von Interessierten. In der Westfalenmetropole sank die Zahl der Kunden deutlich, nachdem der Preis für das Sozialticket gestiegen war. Dort nutzen gerade einmal rund ein Fünftel der Berechtigten die ermäßigte Fahrkarte. Überträgt man diese Zahlen auf den EN-Kreis, wären es nur rund 4500 Menschen, die davon Gebrauch machen würden.
Der Modellversuch des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) ist zunächst bis Ende 2012 befristet. Bis dahin gilt die Landesförderung als gesichert. Weil inzwischen einige Städte in NRW abgesprungen sind, könnte es mehr Zuschüsse als zunächst gedacht auch für den EN-Kreis geben. Im besten Falle rechnet er nun mit einer schwarzen Null. Ursprünglich ging man von einer Lücke von rund 300 000 Euro aus - gemeint ist die Differenz zwischen den Erlösen aus dem Ticketverkauf und den tatsächlichen Kosten. Die unklaren Kosten waren ein Grund, warum so lange über das Sozialticket diskutiert wurde. Wird die Lücke allerdings nicht mehr durch das Land gedeckt, weil die Fördertopfe irgendwann leer sind, müssten die Kommunen einspringen. Die genaue Rechnung wird der Kreis erst im nächsten Jahr vorlegen können.
Nicht zuletzt deshalb hat auch die CDU im Kreistag - anders als im VRR - gegen die Einführung des Sozialtickets gestimmt. Kreistagsfraktionschef Friedrich-Wilhelm Nockemann spricht von einem Stochern im Nebel. „Wir wissen nicht, was uns das Ticket am Ende kosten wird, keiner weiß, wie viele es in Anspruch nehmen und wie viel Arbeit auf die Beschäftigten im Jugend- und Sozialamt oder Job-Center zukommt, wo man die Berechtigungsausweise beantragt.“ Das Sozialticket sei sicherlich wünschenswert, so Nockemann, „aber wir können uns nur noch das Notwendigste erlauben“. Die Linkspartei stimmte ebenfalls dagegen. Sie hält das Sozialticket aus Nutzersicht für viel zu teuer. Statt 29,90 Euro solle es nur die Hälfte kosten. In der VRR-Verbandsversammlung hatte auch die SPD dagegen votiert, weil sie das Ticket für zu teuer hielt.
Ungeachtet dieser Diskussion geht es nun um die praktische Umsetzung. Das Sozialticket soll ab 1. November gelten. Der Kreis geht davon aus, dass die Automaten schon ab Dienstag (25.10.) umgestellt werden. Dort bekommt man die Monatswertmarke ebenso wie an den bekannten Vorverkaufsstellen. Die Berechtigungsausweise gibt es etwa im Job-Center oder bei der Wohngeldstelle. Die Fahrkarte entspricht dem Ticket 1000, Preisstufe A. Es gibt keine zeitliche Beschränkung, ab 19 Uhr können bis zu drei Kinder unter 15 Jahren mitgenommen werden. Wobei sich die Sozial-Fahrkarte nicht für Schüler lohnt, weil sie mit dem preisgünstigeren Schokoticket viel weiter fahren können.