Witten. .

Wie Menschen gerade im Anfangsstadium der Demenz besser unterstützt werden können, das ermitteln Forscher durch Interviews mit Betroffenen. Eine Jahrestagung gestern sollte helfen, „Versorgungsstrategien für Menschen mit Demenz“ aufzuzeigen.

Zur dieser zweiten Jahrestagung hatte das aus der Uni Witten entstandene Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in der Helmholtz-Gemeinschaft (DZNE) an die Uni eingeladen. „Eine gute Lebensqualität kann man auch mit der Krankheit haben“, ist Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik, DZNE-Standort-Witten-Sprecherin, überzeugt. Viele Menschen würden die Krankheit immer noch als ein Damoklesschwert betrachten, dächten mit Grauen an die Konsequenzen. „Man hört dann schon manchmal, lieber bringe ich mich um“, bedauert die Expertin.

Hilfsmittel für an Demenz Erkrankte gebe es inzwischen viele. „Die Technik schreitet schnell voran, von sich selbst abschaltenden Herden über Notrufsysteme bis hin zu Türschließautomatismen. Aber noch nicht untersucht ist, wie die alten Menschen damit überhaupt umgehen können. Das muss ermittelt werden“, zeigt sie ein Arbeitsfeld auf.

Im Umgang mit Erkrankten sei zu beobachten, dass ab der Diagnose meistens „über den Menschen, aber nicht mehr mit dem Menschen gesprochen würde“. Dabei habe er anfangs ja durchaus noch seine intellektuellen Fähigkeiten, behalte auch während der fortschreitenden Krankheit seine Persönlichkeit.

Weitgehend unbeleuchtet, so Bartholomeyczik, sei der Umgang mit dementen Menschen in Akutkrankenhäusern. Und: Zwar sei es gut, dass die Krankheit teils inzwischen früh diagnostiziert würde, aber „es fehlt ein System der Unterstützung, das sich sinnvoll anschließt“.

200 Teilnehmer kamen zu der Tagung, um u. a. über den Umgang der Hausärzte mit der Krankheit zu sprechen. Auch um den EU-Vergleich drehte sich ein Vortrag. „Jedes Land hat Stärken im Umgang mit Demenz, die wir aufgreifen können“, so Bartholomeyczik.

Demenz bedeutet, ein schwerer Pflegefall zu werden: Das sollte nicht das einzige Bild sein, das in den Köpfen der Menschen existiert und „ist es auch zum Glück nicht mehr“, meint auch Sabine Jansen von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, die zum Thema „Gesichter der Demenz - Welches Bild hat die Gesellschaft“ referierte. Wichtig sei es, in der Frühphase der Erkrankung die vorhandenen Ressourcen zu stärken.

Jansen weiß, wie groß der Druck auf Angehörige ist. „Ich habe Zitate gesammelt. Oft bricht den Betroffenen der Freundeskreis weg. Oder den Angehörigen wird gesagt, dass man ja wohl einen Demenzkranken nicht einfach so weggeben könnte. Das ist auch eine große Baustelle, die bewältigt werden muss.“

DZNE-Standort Witten

Der DZNE-Standort Witten befasst sich mit der Versorgungsforschung, mit Fokus auf Versorgungsstrategien für Menschen mit Demenz. Die interdisziplinäre Forschung ist in Gruppen aufgeteilt: Versorgungsstrukturen, Versorgungsinterventionen sowie Wissenszirkulation und Implementierungsforschung. Übergreifend wird die vernachlässigte Perspektive der Betroffenen, vor allem zu Beginn ihrer Krankheit, in den Mittelpunkt gerückt.