Witten. .

Sie sind erwachsener geworden, aber nicht träge; poppiger, aber dennoch nicht platt: Knapp sechs Jahre nach ihrer Trennung standen die Crossover-Rocker der Guano Apes wiedervereint und mit neuen Songs auf der Zeltfestival-Bühne.

Ihre Single „Oh, What a Night“ läuft bereits seit Anfang des Jahres im Radio rauf und runter. Das neue Album „Bel Air“ stieg im April von Null auf Eins in den deutschen Albumcharts. Es scheint, als würde die Göttinger Band nahtlos an die Erfolge der letzten Jahrzehnte anknüpfen.

Doch auf der Platte macht sich ein Reifungsprozess bemerkbar: Die neuen Stücke sind poppiger, die Stimme von Frontfrau Sandra Nasic wird stärker hervorgehoben. Verzerrte Gitarrenklänge, Synthesizer und Elektro-Elemente verwandeln die Lieder in tanzbare Indie-Disco-Hits. Im Sparkassenzelt umgibt die Guano Apes auch live nicht mehr die einstige Aura der schmutzbespritzten Festival-Band.

In ihren hautengen Leggins gibt sich Sandra Nasic deutlich femininer als in den Anfangsjahren der Apes. Im zuckenden Stroboskop-Schimmer hüpft sie naiv-mädchenhaft über die Bühne, zwirbelt die blonden Strähnen, die bei den wilderen Rocknummern nicht unter der Kapuze der schwarzen Pulloverjacke halten wollen.

Beim Gesang scheint sie von den Erfahrungen ihrer Soloprojekte zu profitieren: Von sanftem Wispern über Sprechgesang bis hin zu kunstvoll ausgeschmückten Refrains in schwindelerregender Oberstimme präsentiert sie ihre stimmliche Vielseitigkeit. Bei den Schlussakkorden zu „This Time“ schreit sie gar gegen die dichte Klangwand aus harten Gitarrenriffs und wild peitschenden Schlagzeug-Beats an und schlüpft wieder in die Rolle der Rockröhre.

Dank der deutlich basslastigeren Abmischung als auf dem Album fügen sich die neuen Stücke auf der Bühne erstaunlich gut in den Kanon der alten Hits ein. Variierende Intros und Bridges belegen, dass die Apes noch immer eine Liveband sind, deren Potenzial sich vor der schreienden Zuschauermenge erst richtig entfaltet.

Trotzdem sind es noch immer die Evergreens, mit denen die Band das Zelt zum Kochen bringt: Bei „Open Your Eyes“ und dem Alphaville-Cover „Big in Japan“ bleibt kaum ein Fuß auf dem Boden stehen. Textsicher singen die Fans lautstark mit.

Als das Konzert nach viel zu kurzen anderthalb Stunden endet ist klar: Das Comeback hat funktioniert. Die Guano Apes sind zurück.