Witten. .
Er hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, jemals wieder ohne Rückenschmerzen leben zu können. Dann besuchte Ulrich Demtröder Ende Mai das Medizinforum unserer Zeitung und erfuhr von einer neuen stationären Therapie.
Der 61-Jährige aus Annen fackelte nicht lange und ließ sich für knapp zwei Wochen ins Evangelische Krankenhaus einweisen, wo seit Juni die so genannte multimodale Schmerztherapie angeboten wird. Denn sein Leidensdruck war groß. Drei Operationen an der Bandscheibe hatte der ehemalige Außendienstmitarbeiter von Aral – „ich habe viel im Auto und am Schreibtisch gesessen“ – inzwischen hinter sich. „Ich konnte kaum noch laufen.“
Alles begann mit einer falschen Drehung, als er seinen kleinen Sohn hochheben wollte. „Das hat’s Knack gemacht.“ Die erste Bandscheiben-OP stand an. Das war 1989. Trotz ambulanter Reha machte die Bandscheibe ein halbes Jahr später komplett schlapp. Demtröder wurde 1990 zum zweiten Mal operiert. „Und seitdem habe ich immer Schwierigkeiten mit dem Rücken.“ Dazu kam eine schwere Arthrose der Wirbelsäule. Er machte eine Therapie nach der anderen, bei denen vor allem Spritzen den schlimmsten Schmerz lindern sollten.
2008, erzählt Demtröder, sei es dann ganz schlimm geworden. „Ich hatte Taubheitsgefühle in beiden Beinen.“ 2009 wurden die Rückenschmerzen so stark, dass er eines Tages mit Blaulicht ins Krankenhaus eingeliefert wurde. „Da hatte ich gar kein Gefühl mehr in den Beinen.“ Ulrich Demtröder wurde notoperiert – doch die Schmerzen blieben. Vor einem Jahr ließ er in Bochum die letzte Therapie über sich ergehen. „Morgens acht Spritzen, abends acht Spritzen und zwischendurch mal ein bisschen Fango.“ Viel gebracht, so Demtröder, habe das nicht.
Nur gebeugt konnte er laufen, gerade mal 300 bis 500 Meter weit, musste sich dann minutenlang ausruhen. „Und ich hatte ständig das Gefühl, mein Rücken bricht durch.“ So kam er ins Ev. Krankenhaus – und spürte nach einer halben Woche die erte Besserung. „Nach einer Woche konnte ich schon einen Kilometer am Stück laufen.“
Wichtig bei der multimodalen Schmerztherapie, so Dr. Michael Luka, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Ev. Krankenhaus, sei die aktive Mitarbeit des Patienten. Demtröder schmunzelt: „Ich habe in der Zeit fünf Kilo abgenommen.“ Anstrengend sei vor allem die tägliche, speziell auf seine Beschwerden abgestimmte Gymnastik gewesen. Die sollte die Muskeln von Unterbauch und Beckenboden stabilisieren. „Da habe ich Dinge gelernt, die ich jetzt ganz leicht in den Tagesablauf einbauen kann.“
Fangopackungen, Massage, Bewegungsbäder, andere Medikamente, auch Spritzen, Gespräche mit Psychologen – all das gehöre zum Konzept der Therapie. Das sei aufwändig, aber eben auch ganzheitlich, so Dr. Luka.
Ulrich Demtröder jedenfalls ist „überglücklich“, die Behandlung mitgemacht zu haben – selbst wenn der Erfolg vielleicht nicht langfristig anhalte. Aber er wisse dann zumindest, dass es eine Chance gebe, wieder nahezu schmerzfrei zu sein. Jetzt freut sich der Annener aber erst mal auf seinen Urlaub im Walsertal, den er letztes Jahr gar nicht richtig genießen konnte. „Jetzt werde ich dort tatsächlich spazieren gehen können.“
Bis jetzt erhielten im Ev. Krankenhaus an der Pferdebachstraße zehn Patienten die multimodale Schmerztherapie. Es gebe bereits eine Warteliste, so Chefarzt Dr. Luka. Die orthopädische Gemeinschaftspraxis (Doctores Nase, Schul, Fennes) an der Annenstraße überweist die Patienten. Diese müssen, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt, auf jeden Fall eine erfolglose ambulante Therapie nachweisen.