Witten. .

Die Meinungen darüber, ob die Bundestagsentscheidung, Gentests befruchteter Eizellen in bestimmten Fällen zu erlauben, richtig ist, gehen in Witten auseinander.

Paare dürfen demnach die Präimplantationsdiagnostik (PID) nutzen, wenn aufgrund ihrer genetischen Veranlagung eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich ist. Nur wenige lizenzierte Zentren sollen diese Embryonen untersuchen dürfen. Um Missbräuche zu vermeiden, wird für die Eltern eine verpflichtende Beratung vorgeschrieben. Außerdem muss noch eine Ethik-Kommission ein positives Votum abgeben.

Dieter Peter von „Ce Be eF Club Behinderter und ihrer Freunde Witten e.V.“ befürwortet die PID - „wenn es Grenzen gibt. Ich bin nicht dafür, dass sich jeder, der Geld hat, ein Wunschbaby anfertigen lassen kann. Wird richtig, vernünftig und verantwortungsvoll damit umgegangen, ist das eine gute Sache.“

Dagegen lehnt Ursula Tielmann aufgrund ihrer bisherigen Lebenserfahrung diese Diagnosemöglichkeit ab. „Wir müssen akzeptieren, dass nicht immer alle perfekt sind.“ Die 55-jährige Wittenerin von der regionalen Selbsthilfegruppe Bochum, Gelsenkirchen, Ennepe-Ruhr-Kreis der Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e.V. ist Mutter einer 21-Jährigen mit Spina Bifida.

Die Diagnose hat sie damals erst im Kreißsaal erfahren. „Natürlich war das erst ein Schock.“ Der Frauenarzt hätte ich gesagt, dass er das im Ultraschall nicht hätte sehen können - und dass ihr Kind so hätte geboren werden wollen. „Diese Definition habe ich mir angeeignet. Man sollte sich für Kinder vorbehaltlos entscheiden oder es lassen“, ist Ursula Tielmann überzeugt.

Ihre Tochter hat nach ihrer Ausbildung eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt angenommen. „Sie arbeitet jetzt in Bochum, da müssen wir einen Fahrdienst organisieren, weil im Wittener Bahnhof der Aufzug nicht funktioniert.“

Großes Verständnis für Eltern, „die Sicherheit wollen, obgleich es die ja nie gibt“, hat Reinhard Edeler, Pfarrer der Gemeinde St. Marien. „Ich gehe nicht so weit wie Bischof Overbeck, der die PID ja fast kriminalisiert. Man sollte den Einzelfall prüfen. Wenn Eltern mehrere Fehl- oder Totgeburten hatten, ist es für mich keine Frage, dass in diesem Fall die Untersuchung erlaubt sein sollte. Aber das ist ein sehr sensibles Feld. Es sollte nicht generell zu einer Auswahl von Leben kommen.“

Dr. Dieter König, Geschäftsführer der Lebenshilfe Witten, glaubt, dass zu dem Thema nur eine individuelle Meinung möglich ist. „Wir haben das Thema im Sozialverband diskutiert.“ Von fünf abstimmenden Menschen hätten drei sich „für die mehrheitsfähige“ Zulassung in Grenzen ausgesprochen, zwei allerdings seien dagegen gewesen.

„Ich persönlich habe arge Bedenken, weil die PID Einfallstor für Dinge ist, die danach kommen. Auch wenn ich Verständnis für die ein oder andere Frau habe, die das vorher abklären möchte.“

Das Argument, lieber vorher zu untersuchen statt später abzutreiben, gilt für König nicht: „Es ist eben ein Unterschied, ob ich im Vorfeld schon positiv selektiere.“