Witten. .
Karten spielen oder ein netter Plausch mit „ihrem“ Zivi – für ältere Menschen wird es diese Erlebnisse bald nicht mehr geben. Mit dem Aus der Wehrpflicht treten gerade die letzten Zivis den Dienst an. Viele Wittener Wohlfahrtsverbände haben bereits reagiert.
„Der Zivildienst wurde mit der Zeit immer kürzer, deshalb konnten wir schon lange nicht mehr mit Zivis planen“, erklärt Nicole Schneidmüller-Gaiser, Sprecherin des Diakonischen Werks. „Wir mussten gegensteuern.“
Kaffee ausschenken im Altenheim-Café oder die Küche sauber machen – Arbeiten, die sonst Zivis übernahmen, erledigen nun Mini-Jobber oder Ehrenamtliche. Dennoch: „Wir setzen auch auf Menschen, die sich über den Bundesfreiwilligendienst engagieren wollen“, erklärt Schneidmüller-Gaiser. Der BFD, der am 1. Juli anläuft, soll mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr den Wegfall des Zivildienstes abfedern. „Noch haben wir aber noch keine Bewerbungen.“
Bei der Caritas setzt man noch stärker auf den BFD. 2008 hat hier der letzte Zivi eine Zeitschrift vom Kiosk geholt. Das hat seine Gründe – und nicht nur die geringe Bewerberzahl. „Die Gesichter haben immer häufiger gewechselt“, sagt Hartmut Claes, Geschäftsführer der Caritas Witten. „Gerade ältere Menschen brauchen längeren Kontakt.“ Einen Teil der Arbeit stemmt die Caritas wie die Diakonie seit Jahren mit 400-Euro-Kräften. Doch für die Kontaktpflege oder den Arztbesuch setzt Claes nun auch auf den Bundesfreiwilligendienst.
Im Gegensatz zum Zivildienst kann man sich beim BFD bis zu 24 Monate engagieren. „Da können sich beide Seite richtig kennenlernen“, sagt Claes. Doch auch bei der Caritas heißt es: Bewerbungen – Fehlanzeige.
Jochen Winter kennt das Problem. Der Geschäftsführer der Awo-EN sucht zurzeit händeringend nach Freiwilligen – gerade in Offenen Ganztagsschulen. Also da wo Kinder jemanden brauchen, der ihnen bei Matheaufgaben hilft, oder mit ihnen einen Kuchen backt. Da käme der BFD gerade recht. Trotz teurer Anzeigen gebe es bislang aber nur drei Interessenten – im ganzen EN-Kreis. „Beim Zivildienst gab es mehr Andrang, ob die jungen Leute nun wollten oder nicht“, so Winter. „Dafür können wir jetzt sicher sein: Wenn jemand kommt, dann ist er motiviert.“
INFO: Bundesfreiwilligendienst
Wer mindestens 16 ist, kann am BFD teilnehmen, nach oben gibt es keine Grenze. Dauer: mindestens sechs, höchstens 24 Monate. Zum Taschengeld von maximal 330 Euro gibt es Unterkunft und Verpflegung. Bewerbungen sollten an die Träger der Einrichtung gerichtet werden.