Witten.
Sehbehinderte bekommen mit iPads von Apple erstmals direkt einen barrierefreien Zugang zu Computerfunktionen und Internet. Eine Wittenerin erzählt von ihren Erfahrungen.
Im Gegensatz zu anderen Anbietern sind im Betriebssystem der Apple-Produktpalette bereits die wichtigen Software-Pakete vorinstalliert, die Sehbehinderte beim Umgang mit dem Handy oder Tablet-Computer unterstützen. So bedarf es nur weniger Eingaben im Einstellungsmenü des iPads, bis auch Birgit Prünte ohne größere Probleme im weltweiten Netz surfen und E-Mails schreiben kann.
Mit ihrer Sehbehinderung hat sich die Mutter zweier Kinder arrangiert. Da sie weniger als 30 Prozent Sehkraft besitzt, helfen ihr im Alltag starke Kontaktlinsen und Speziallupen. Doch wenn es um Büroarbeiten und Schriftverkehr geht, war es für sie bisher nicht immer einfach, die richtigen Geräte zu finden. Von ihrem neuen iPad ist Birgit Prünte aber begeistert.
„Es bietet sehr viele Funktionen, die Sehbehinderten helfen“, erklärt sie begeistert. „Dazu gehören zum Beispiel die automatische Zoomfunktion, bei der man mit zwei Fingern die Texte beliebig ‚großziehen’ kann, oder die Möglichkeit der Voreinstellung von bestimmten Berührungskombinationen, bei der die Ansicht auf eine selbst gewählte Größe umgestellt wird.“
Die wichtigste Funktion für Sehbehinderte und Blinde sei die Vorlesesoftware namens „VoiceOver“. „Sie funktioniert nicht nur bei Texten und E-Mails, sondern auch innerhalb der Programme“, erklärt Birgit Prünte. Die „VoiceOver“-Stimme spricht beispielsweise die Kalenderdaten oder liest laut vor, welche Felder die Nutzer anklicken.
Eine externe Tastatur vermisst die Wittenerin nicht. Denn auch beim Tippen auf den digitalen Tasten hilft die „VoiceOver“-Funktion, indem sie die gedrückten Buchstabenfelder akustisch signalisiert. „Mit einer richtigen Tastatur wären die Tablet-Computer auch nicht so mobil“, sagt Birgit Prünte.
Denn gerade die Beweglichkeit und das leichte Gewicht würden sich gut eigenen, um den Bildschirm so nah wie nötig ans Auge heranzuholen. Mittels „Apps“ ist darüber hinaus ein digitaler Blick in Telefonbücher und viele große Tageszeitungen möglich. „Das erspart mir das mühsame Lesen der Printversion, das mir ohnehin nur mit elektronischen Lupen möglich wäre.“
Für den alltäglichen Computer-Bedarf könne sie sich derzeit kein besseres Hilfsmittel vorstellen, obgleich von vielen Firmen bereits ähnliche Tablet-Computer entwickelt wurden. Auch der Sehbehinderten-Fachberater Michael Große-Drenkpohl vom Integrationsamt des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe sieht klare Vorteile bei Apple-Produkten: „Im Betriebssystem iOS4 ist von vornherein das Vorleseprogramm eingebaut. Für andere Produkte muss man das erst dazukaufen.“ Und diese zusätzliche Software sei teuer. „Die so genannten Sceenreader kosten je nach Gerät und Anbieter über 2500 Euro“, weiß der Fachberater. Je nach Fall würden sich die Apple-Produkte daher durchaus rentieren.
Für die zweifache Mutter Birgit Prünte kommt ein weiteres Plus hinzu: „Normalerweise sind meine Hilfsmittel für die Kinder ja ‚uncool’. Aber mit dem iPad ist man plötzlich richtig hip und verwendet es gerne.“