Witten. .

Mittags um zwölf steht Carola Probst meist in ihrem Wohnwagen am Herd und kocht für die Familie. Den Haushalt wuppt die 53-Jährige mal eben so zwischen der Fütterung der Tiere und den Vorstellungen am Nachmittag. Denn beim kleinen Circus Antoni macht jeder das, was gerade ansteht.

Ihr Tag beginne meist so gegen sechs Uhr. Dann macht Carola Probst sich oft auf den Weg, um Futter für die rund 60 Tiere zu besorgen. Weite Wege nimmt sie dafür in Kauf, je nachdem, bei welchem Bauern Heu und Stroh am günstigsten sind. Letzten Dienstag zum Beispiel war sie in Düren, damit die Kamele, Lamas, Pferde, Ponys und Ziegen was Ordentliches zwischen die Zähne kriegen.

Dann kümmert sie sich ums Mittagessen, denn „ich muss auch bei 40 Grad was Warmes im Magen haben“, sagt sie. Rindfleischsuppe blubbert heute im Topf – selbst gemacht, nicht aus der Dose. „Manchmal gehe ich aber auch mit, Reklame machen.“ Plakate anbringen, Flyer verteilen, Schulen und Kindergärten darüber informieren, dass der Circus Antoni wieder in der Stadt gastiert. „Ohne Reklame läuft schließlich nix.“

Stand gerade ein Platzwechsel an – so wie jetzt, denn der Zirkus hat die Saison in Hattingen begonnen und steht nun auf der Wiese an der Lakebrücke – dann ist Carola Probst auch für Reparaturen zuständig, schließt Licht und Wasser an, während die Männer die Fahrzeuge nachholen. „Ob Männerarbeit oder Frauenarbeit – das spielt bei uns keine Rolle.“ Im Zirkus sei immer was zu tun und „verschieben is nich“.

Am Nachmittag freut sich Carola Probst dann auf den Höhepunkt des Tages: die Vorstellung. Lange braucht sie nicht, um sich darauf vorzubereiten, denn sie moderiert die Auftritte, auswendig, ohne Ablaufplan. Privat mag sie zwar „keinen Kleister im Gesicht“, aber in der Manege darf die Schminke nicht fehlen. Das sei aber eine Sache von zehn Minuten. Dann schlüpft sie noch in Frack und schwarze Hose oder, je nach Witterung, in ein feines Kleid. „Und ein bisschen Lampenfieber habe ich immer. Das gehört dazu“, gesteht Carola Probst, „auch, wenn ich schon seit fast 50 Jahren in der Manege stehe.“

Zum ersten Mal aufgetreten sei sie mit sieben Jahren. „Mit einer Handstandnummer gemeinsam mit meinem Vater.“ Danach folgte Bodenakrobatik, zuletzt tanzte sie auf dem Seil oder schwang sich am Trapez durch die Luft. „Aber wissen Sie, so alte Leute wie mich will das Publikum am Trapez nicht mehr sehen.“ Sie zuckt die Schultern: „So läuft’s halt.“

Trotzdem hält Carola Probst dem Zirkus die Treue. „Wenn man damit groß geworden ist, ist es sehr selten, dass jemand weggeht.“ Sie jedenfalls hätte für keinen Mann der Welt ihr Leben beim Zirkus aufgegeben. Das sagt sie voller Überzeugung. Zum Glück stammt ihrer aus einer solchen Familie – aus dem Circus Probst. Und auch, was ihre 18-jährige Tochter angeht, ist die Mutter ziemlich sicher: „Die bleibt dabei.“

Nach den Vorstellungen versorgt Carola Probst erneut die vielen Tiere, dann die Familie. Macht vielleicht noch die Wäsche. Gegen acht, neun Uhr sei endlich Feierabend. Fernsehen, ein bisschen unterhalten, mehr sei nicht drin, denn so ein Zirkustag schlaucht. „Manchmal wäre man auch froh, wenn man schon um sieben ins Bett könnte.“

Der Circus Antoni gastiert noch bis einschließlich Sonntag, 1. Mai, an der Lakebrücke in Herbede. Heute ist Familientag: Erwachsene zahlen in der Vorstellung um 16 Uhr Kinderpreise. Samstag beginnt die Zirkus-Schau ebenfalls um 16 Uhr, Sonntag um 15 Uhr. Weitere Info unter der Zirkus-Hotline, 0170-2477362.