Witten. .
Windenergie, Biomasse, Photovoltaik: Ökostrom boomt zurzeit. Davon profitiert auch die Wittener Wirtschaft. Mit Bosch Rexroth hat sie ein Zugpferd in diesem Bereich.
Das Unternehmen, das nach eigenen Angaben über 1000 Mitarbeiter in Witten beschäftigt, baut Getriebe und Antriebe für Windkraftanlagen, gehört zu den Weltmarktführer in dieser Technik. Die Teile aus Witten werden in die ganze Welt verkauft – darunter auch die USA. „Noch hinterlässt die Wirtschaftskrise ihre Spuren beim Wittener Werk“, sagt Unternehmessprecherin Judith Mühlich. Doch noch für 2011 sei sie zuversichtlich, dass die Lücken in den Auftragsbüchern wieder gefüllt werden. Möglicherweise auch durch Aufträge aus dem EN-Kreis.
Hier drehen sich bereits 13 Windkrafträder: Hattingen führt mit sechs, danach folgen Ennepetal und Sprockhövel mit jeweils zwei Rädern, und auch kleinere Städte wie Wetter, Schwelm und Breckerfeld erzeugen bereits Strom aus Luft mit jeweils einer Anlage. Gerade in Witten, wo die nötige Technik vor der Haustür gebaut wird, herrscht Windstille bei den Öko-Rädern. Das muss nicht so bleiben.
Wenn es nach einem Antrag der Wittener Grünen geht, soll schon bald nach neuen möglichen Standorten in Witten gesucht werden. Vor sieben Jahren wurde das schon einmal gemacht. Damals stellte sich allein die Fläche im Tiefendorf als geeignetet heraus – bis heute fand sich aber kein Investor für eine Anlage. Bei einer zweiten Suche dürften wohl keine neuen Flächen gefunden werden, das ist auch an den Grünen nicht vorbeigegangen. Doch die Öko-Partei spekuliert auf eine Gesetzesänderung der Landesregierung: Windkrafträder sollen bald auch in Wald- und näher an Wohngebiete gebaut werden können. Dann wäre eine solche Anlage auch in Witten denkbar. Doch wo ist Platz?
Stadtbaurat Markus Bradtke hält etwa den Vormholzer Wald für einen möglichen Standort. Zunächst müsse aber zum Beispiel geprüft werden, ob ein Gelände die nötige Infrastruktur aufweise und die Landschaft nicht zerstöre.
Die Wittener Grünen wären zwar nicht begeistert von einem Windrad im Wald, verschließen will sich aber zumindest Ratsherr Ingmar Wichert dieser Lösung nicht. „Ein Eingriff in die Natur muss verantwortbar sein und streng geprüft werden“, dann wäre auch die Wald-Lösung denkbar. Er bevorzuge aber klar Freiflächen. Technisch stehe einem Bau ohnehin nichts im Wege, so Wichert: „Umspannwerke müssen nicht gebaut werden“, der Strom könne „relativ einfach“ in das Netz eingespeist werden. Genauso wie Wichert schielt Stadtbaurat Bradtke aber über die Windenergie hinaus.
„Wir dürfen uns nicht nur auf diese Technik beschränken, es muss einen Mix aus verschiedenen erneuerbaren Ernergien geben“, so Bradtke, der im Rahmen des neuen Wittener Klimaschutzkonzeptes herausfinden will, wo Energie eingespart und sinnvoller eingesetzt werden kann. Besonders bei Biomasse, Solarthermie und Photovoltaik sieht Bradtke „größere Potenziale“ als bisher in Witten. Doch ganz jungfräulich ist die Stadt hierbei schon jetzt nicht mehr.
Nahe der Mülldeponie Bebbelsdorf soll 2012 eine Biogas-Anlage für 20 Mio Euro entstehen, die für bis zu 2000 Haushalte Strom erzeugen könnte. Auf dem Dach des Albert-Martmöller-Gymnasiums fängt eine Photovoltaik-Anlage mit einer Fläche von 900 Quadratmetern schon jetzt Energie aus der Sonne ein, die Otto-Schott-Realschule hat eine 400 Quadratmeter große Anlage. Beide zusammen erzeugen rund 115 000 Kilowattstunden pro Jahr und sparen jährlich über 30 000 Kilogramm CO2 ein.
„Frisches Denken“ nennt Stadtbaurat Markus Bradtke Projekte wie diese. Schließlich sei Energie eine Kostenfrage. „Irgendwann ist sie unbezahlbar.“
INFO
Die Wittener Stadtwerke beziehen ihren Strom zu 34 Prozent aus erneuerbaren Energien – im Bundesdurchschnitt sind es nur 17. Der restliche Strom kommt aus Kernenergie (23 Prozent) sowie Kohle, Gas und Öl (43). Unter den erneuerbaren Energien nutzen die Stadtwerke Photovoltaik, Wasserkaft, Biomasse (ab dem 3. Quartal 2011) und ab 2013 auch Windenergie. Ein Windpark in Borkum ist dann fertig, die Stadtwerke sind daran mit 5,5 Mio Euro beteiligt.