Witten. .
Auf einem Parkplatz an der Dortmunder Straße hat jemand direkt neben dem Betriebsamt Mengen von zahnärztlichem Behandlungsmaterial abgekippt. Brisant: Dabei sind auch Patientenunterlagen einer Wittener Zahnarztpraxis, aus denen Name und Behandlung einzelner Patienten klar hervorgehen.
Die Redaktion war vor Ort. Aus dem Müllberg holte das Recherche-Team Rechnungen und Behandlungsunterlagen, denen zufolge beispielsweise bei einer Patientin ein Lückengebiss versorgt und ihr ein Heil- und Kostenplan erarbeitet wurde. Auch für andere Patienten aus Witten, Bochum und Herdecke fand die Redaktion Dokumente - so etwa Quittungen oder Berechnungen von Eigenanteilen prothetischer Behandlungen. Alle Namen sind deutlich lesbar, allesamt wurden die gefundenen Belege von einer Wittener Zahnarztpraxis erstellt.
Außerdem liegt dort alles, was eine Praxis nach getaner Arbeit nicht mehr braucht. Dutzende Einmalhandschuhe, Cremetuben, die Verpackung einer „Zahnfleischschere, gerade“, zwei Gebissabdrucke, Parodontalgel. Außerdem Spritzen, Kanülen, prall gefüllte Medikamentenbeutel.
Die Zahnarztpraxis selbst erklärt, sie stehe vor einem Rätsel. „Kanülen, Handschuhe, Modelle werden, wie es vorgeschrieben ist, über den Hausmüll entsorgt“, ließ die Praxis über ihren Rechtsanwalt mitteilen. „Spritzen werden in gesonderten Behältnissen gesammelt und über die Firma Remondis entsorgt.“
Wilde Müllkippe
Patientenunterlagen, so heißt es in der Praxis, kämen in den Papierschredder. Die Dokumente, die das Redaktionsteam vorfand, waren jedoch nicht geschreddert, sondern nur einmal durchgerissen. Darunter auch alte Visitenkarten einer Kieferorthopädin, die schon seit zwei Jahren nicht mehr in Witten arbeitet: „In manchen Praxen habe ich meine Karten hinterlassen. Da wird wohl jemand aufgeräumt haben“, mutmaßt sie.
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Wie der Abfall aus dem Hausmüll auf den Parkplatz gelangt sein könnte, könne man sich in der Wittener Praxis nicht erklären. „Wir sind an einer Aufklärung dieser Sache sehr interessiert und bieten unsere Zusammenarbeit an“, so der Anwalt.
Nicht vorstellbar ist für Betriebsamts-Vize Thomas Bodang, dass ein beladener Müllwagen auf einen Parkplatz fährt, auf dem er nichts zu suchen hat, und dort aus dem gesammelten Hausmüll ausschließlich brisante Ladung verliert - außer einem alten Stuhl und Snack-Packungen ist nur medizinischer Müll zu sehen.
Bodang: „Wenn unsere Wagen voll sind, fahren sie zur Umladestation Bebbelsdorf. Kein voller Müllwagen fährt zum Betriebsamt, geschweige denn zum Parkplatz nebenan. Warum sollte er?“ Außerdem käme er gar nicht so weit: Eine Barriere begrenzt die Durchfahrtshöhe zum Parkplatz auf zwei Meter.
Bodang will jedenfalls auf dem Parkplatz umgehend tätig werden. „Ich sehe mir das sofort an“, sagt er nach dem Anruf unserer Redaktion. „Das Zeug muss schleunigst weg. Die Spritzen müssen wir in einem stichsicheren Behälter sammeln, der Rest wird eingesammelt und verbrannt.“
Bodang hat sofort das Ordnungsamt eingeschaltet, das nun ein Bußgeld-Verfahren plant. Die Praxis werde in Kürze einen Anhörungsbogen erhalten und die Möglichkeit haben, eine Stellungnahme zu dem Müllberg abzugeben. „Das kostet bestimmt 250 Euro“, schätzt Sachbearbeiter Ulf Köhler.