Witten. .

Für ein Telefonat, das er angeblich vor zehn Monaten mit einer teuren Servicenummer geführt haben sollte, bekam ein Stockumer jetzt eine Rechnung über 90 Euro. Bloß nicht bezahlen, warnt die Verbraucherzentrale - das ist pure Abzocke und Betrug.

„Mein erster Gedanke war, was soll denn der Mist“, sagt Andreas Hoos (42) aus Stockum. Da hatte ihm seine Frau den Brief gezeigt, der Anfang der Woche im Postkasten lag. Für ein Telefonat, dass er am 7. Mai 2010 um 17:21:55 Uhr geführt haben sollte, wären 90 Euro fällig, schrieb ihm die Bohemia Factoring s.r.o. aus dem tschechischen Pilsen.

Für die „kostenpflichtige Serviceleistung von R.M.I.“ sei man mit dem Einzug beauftragt worden. Es folgt eine Postfachadresse in Petersberg und eine Kontonummer in der Tschechischen Republik. Der Verwendungszweck beginnt mit „BF-“, was auch ganz gut „Betrugs-Fall“ heißen könnte.

Erst dachte Andreas Hoos an einen Irrtum und ging zu seinem Telefonanbieter. „Versatel hatte aus der Zeit keine Unterlagen mehr“, musste er feststellen. Dann kam ihm der Verdacht, dass da etwas nicht ganz geheuer war. „Ich habe die Polizei angerufen, die hatten gesagt, ich sollte mit den Unterlagen auf die Wache kommen. Dort habe ich Anzeige gegen die Firma erstattet.“

Bezahlt hat er nichts, und das war gut so. Denn Bohemia Factoring gibt es ebenso wenig wie RMI. Es sind Fantasienamen von Betrügern, die ahnungslosen Opfern weismachen, sie hätten vor Zeiten mit einem Sex-Dienst in Mailand, Amsterdam oder Schweden telefoniert, und jetzt werde die Rechnung fällig.

Bei der Verbraucherzentrale ist Bohemia Factoring schon ein guter Bekannter, auch wenn das so genannte Inkasso-Unternehmen alle paar Wochen unter neuem Namen auftritt. Mal heißt es TRC Telemedia, MB Direct Phone, Roxborough Management, Pepper United, Czech Media Factoring oder seit März Bohemia Factoring, und immer sind es 90 Euro, die angeblich fällig werden.

Jeden Fall anzeigen, rät die Verbraucherzentrale: „Das Vorgehen hat sich mit den neuen Namen nicht geändert: Der Verbraucher erhält eine Rechnung, die ihm unterstellt, er habe eine Sex-Hotline angerufen. Als Beleg dafür dient die dort verzeichnete Rufnummer des Verbrauchers. Diese erlangt Bohemia Factoring durch einen einfachen Trick. Man ruft bei Abwesenheit an in der Hoffnung, der Angerufene sieht die Nummer und ruft zurück. Tut er dies, hat die Firma die Rufnummer des Verbrauchers und kann darüber die Postadresse ermitteln. Wenige Tage später findet sich die Rechnung über Inanspruchnahme einer Sex-Hotline im Briefkasten.“

Besonders perfide ist der Trick, wenn der Adressat mittlerweile verstorben ist und die Witwe für die vermeintliche „Sex-Sünde“ des Verstorbenen stickum bezahlt. „Für meinen verstorbenen Vater kam eine ähnliche Rechnung“, sagt Andreas Hoos. „Aber wir haben nichts bezahlt.“