Witten. .

Liedzeilen wie „Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus“, hört Matthias Pferdekämper eher mit gemischten Gefühlen. „Denn manchmal tun sie das wirklich. Und dann wird’s gefährlich“, sagt der Baumkletterer.

„Besonders wenn ich Bäume entferne, die zum Beispiel bei einem Sturm in andere gekippt sind und sich verhakt haben, können Äste unter Spannung stehen“, erzählt der 48-Jährige aus Erfahrung. In solchen Fällen müsse man sehr genau darauf achten, an welcher Stelle man den Schnitt ansetze, damit man von den herumschnellenden Ästen nicht getroffen werde. „Denn dabei werden ungeheure Kräfte frei“, so Pferdekämper.

Gerade ist er damit beschäftigt, Bäume in einem Garten an der Steinbachstraße in Annen zu fällen. „Schöner als Fällen ist natürlich die Baumpflege, weil die Bäume dabei erhalten bleiben. Aber sie ist für mich auch schwieriger, weil ich dabei bis in den Außenbereich der Krone klettern muss“, sagt er. Größere Verletzungen sind ihm bei seiner Arbeit bisher erspart geblieben, aber Blessuren wie Platzwunden oder mal ein blaues Auge gehören durchaus zu seinem Arbeitsalltag.

Körperliche Fitness ist ebenso Voraussetzung für seinen Beruf wie keine Höhenangst zu haben. „Aber man muss auch entspannt sein und Ruhe bewahren, denn Hektik kann bei diesem Beruf schlimme Folgen haben“, so Pferdekämper. Und er präzisiert: „Zum Beispiel, wenn man sich nicht richtig sichert und deshalb in die Tiefe stürzt. Oder beim Umgang mit der Motorsäge. Ein unkonzentrierter Augenblick reicht da schon.“

Geklettert ist der Wittener schon von Kindesbeinen an mit Begeisterung. Besonders beim Urlaub mit seinen Eltern in den Alpen. Hoch hinaus ist er aber auch in seinem erlernten Beruf als Schornsteinfeger gekommen.

Mit 30 Jahren hat Matthias Pferdekämper dann mit dem Industrieklettern begonnen. Zunächst brachte er in luftigen Höhen Plakate für die Werbefirma eines Freundes an. Dann folgten Arbeiten an Windrädern oder an Hochhäusern. „Wenn man dort in fast 50 Metern Höhe Kabelkanäle verlegt, erfordert das zunächst doch einige Überwindung“, erinnert sich Pferdekämper.

Für die Baumarbeit hat er sich eine ganze Reihe von Zusatzqualifikationen erworben: Das reicht von Kursen zur Baumbiologie, etwa zur Schadenserkennung, bis zum Erwerb von A- und B-Scheinen für den Umgang mit der Hand- und der Kettensäge beim Baumklettern. Inzwischen ist der Wittener selbstständig und nicht nur in ganz Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Nord- und Süddeutschland im Einsatz.

Pferdekämper empfiehlt Baumeigentümern unbedingt, sich vom Fachmann beraten zu lassen, bevor Schnittmaßnahmen erfolgen. „Gerade an Laubbäumen sollten Schnitte an starken Ästen oder Kappungen auf jeden Falle vermieden werden“, rät der Experte. „Denn auf Dauer zerstört das den Baum und führt zu hohen Folgekosten. Denn wenn der Baum gesund ist, treibt er umso stärker aus. Und an den alten Schnittstellen fault er. Damit ist Kappung Fällung auf Raten.“