Witten. .
Wochenlang haben sie im Stadtarchiv geforscht. Haben zu Hause vor dem Computer gesessen und getippt. Nun halten Marie Schöneweiß, Leon Kohlstadt und Martin Jens ihre Arbeiten in Händen. Sie nehmen damit am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil.
Alle drei interessieren sich sehr für Geschichte. „Das ist wichtiger als viele denken“, erklärt etwa Leon (15) seine Motivation, sich freiwillig und außerhalb der Schule damit zu beschäftigen. Gemeinsam mit Martin Jens (15) hat er sich mit der Explosion in der Roburitfabrik Witten an der Ruhr – dort wurde Sprengstoff hergestellt – im Jahre 1906 befasst, bei der 43 Menschen starben und ein Sachschaden von 2,5 Mio Mark entstand. Und weil das Thema des Wettbewerbs diesmal „Skandale in der Geschichte“ lautete, ging es den beiden Neuntklässlern des Albert-Martmöller-Gymnasiums vor allem um die Opfer der Katastrophe, die damals kaum Hilfe erfahren haben. Akten haben die Jungen dafür gewälzt und alte Handschriften entziffert. Letzteres, sagt Martin, „war eine ganz große Hürde“.
Marie Schöneweiß widmete sich dem Thema Zwangsarbeit in Witten während des Zweiten Weltkriegs. „Der Skandal ist für mich, dass das Unrecht, was an so vielen begangen wurde, in der Öffentlichkeit stattfand, dass es viele mitbekommen haben“, sagt die 17-Jährige, die die 12. Klasse der Blote Vogel Schule besucht. Sogar eine Zeitzeugin hat sie für ihre Arbeit interviewt: eine ältere Dame, die in der Straße „Auf der Klippe“ lebt, in der auch Marie wohnt. Dort zweigt ein Waldweg ab, den einst Zwangsarbeiter anlegen mussten. „Alle haben weggeguckt“, habe ihr die Frau erzählt. „Wir haben uns ein paarmal getroffen und es war sehr spannend zu hören, wie sie als Kind den Krieg wahrgenommen hat“, sagt Marie.
Jeweils rund 40 Seiten umfassen die beiden Arbeiten, die die Jugendlichen übersichtlich gegliedert, mit Fotos und Fußnoten versehen und vor der Abgabe genau überprüft haben. Auch technische Probleme beim Druck kurz vorm Einsendeschluss haben sie gemeistert. „Das ganze Team des Stadtarchivs ist stolz darauf, mit wie viel Disziplin und Durchhaltevermögen die drei bei der Sache waren“, lobt Leiterin Dr. Martina Kliner-Fruck.
Jede Woche besuchen Schüler das Stadtarchiv. Ganze Klassen forschen über Stadtentwicklung oder Judenverfolgung. Und erfahren von den Mitarbeitern viel Unterstützung. „Faszinierend“ findet Leon, „dass man mit Sachen zu tun hat, die Menschen vor 100 Jahren geschrieben haben“.