Witten. .

Eigentlich ist Birgit A. Wewers als Maschinenbauerin mit Doktortitel eine Kopfarbeiterin. Aber in der Freizeit verlässt sie sich auf ihren Bauch. Denn ihr Hobby ist die intuitive Malerei.

Dabei geht es darum, loszulassen, Farben und Formen übernehmen die Führung. Dieser Ansatz scheint auch viele andere Menschen zu faszinieren: Denn die Malkurse im Atelier der 44-Jährigen an der Ardeystraße 119 sind gut besucht.

Unter den Teilnehmern sind auch zahlreiche Arbeitskollegen von Dr. Birgit A. Wewers, die als Technische Kundenberaterin bei den Deutschen Edelstahlwerken Witten (DEW) beschäftigt ist. „Anfangs haben die Kollegen meine Malerei nicht ganz Ernst genommen, aber inzwischen kommen sie auch zu meinen Ausstellungen“, erzählt sie. Aktuell läuft eine Schau mit Werken von DEW-Mitarbeitern, die in Wewers Kursen entstanden sind, in der Hauptverwaltung der Deutschen Edelstahlwerke.

Im Atelier der 44-Jährigen stehen mehrere, noch unvollendete Bilder. „Ich arbeite immer an mehreren Werken gleichzeitig, um mich nicht festzubeißen“, erklärt die Künstlerin. Festgebissen hat sich Wewers auch im „richtigen Leben“ nicht, stets hat sie neue Wege ausprobiert. Geboren im münsterländischen Raesfeld, hat sie zunächst die Haupt-, dann die Realschule besucht und eine Erzieherinnen-Ausbildung absolviert. Doch nach dem Fachabitur in Sozialpädagogik habe sie festgestellt, dass diese Leute nicht ihre Welt seien, erzählt sie.

Also hat sie eine andere Richtung eingeschlagen und zunächst an der Fachhochschule in Bochum Verfahrens-und Umwelttechnik und dann an der Universität Maschinenbau studiert. „Mein Mann ist promovierter Physiker. Da will man ja nicht nachstehen“, erklärt sie augenzwinkernd, warum sie dann noch ihren Doktortitel draufgesattelt hat.

Angefangen zu malen hat sie im Jahr 2003. „Ich habe ständig gedacht, selbst beim Joggen. Dabei wollte ich eigentlich mal zur Ruhe kommen. Doch selbst Meditation und autogenes Training haben bei mir nicht funktioniert“, erzählt sie. Dann habe sie im Urlaub zwei Frauen kennengelernt, die gesagt hätten, dass man beim Malen abschalten könne. „Obwohl ich nicht geglaubt habe, dass das bei mir fruchten würde, habe ich einen Malkurs besucht, der in dem Urlaubshotel angeboten wurde“, so Wewers. „Und als ich eine halbe Stunde gemalt habe, bin ich zusammengezuckt als ich gemerkt habe: Mensch, du hast jetzt die ganze Zeit nicht gedacht.“

Noch heute erinnert sie sich daran, dass sie damals mit Rottönen malte, die sie geschichtet hat. Ihr Mann habe ihr dann zum Geburtstag Farben geschenkt und so sei es richtig losgegangen. „Ich male und spachtel mit allem, was da ist - mit den Händen, Pinseln oder der Scheckkarte“, erklärt Wewers. Und das bringt sie auch ihren Kursteilnehmern bei. „Die rühren auf Malpappen die Farben für ihre großen Bilder an. Wenn ich den Teilnehmern dann zeige, was für Nebenbei-Bilder auf den Pappen entstanden sind, sind sie verblüfft. Dabei lässt sich das ganz einfach erklären: Anders als bei der Arbeit an den großen Bildern ist das Farbmischen eher ein intuitiver Prozess,“ so Wewers. Einige dieser gerahmten kleinen „Nebenbei-Bilder“ einer Kursteilnehmerin schmücken denn auch das Treppenhaus hinauf zu ihrem Atelier. Der Effekt dieser abstrakten Werke ist faszinierend.

Als künstlerische Vorbilder nennt Wewers von den „alten“ Malern den Engländer William Turner, in dessen berühmten Werken sich die Welt in Farbnebel auflöst. Und von den Gegenwartskünstlern faszinieren sie die „Seelenbilder“ des Schweizer Künstlers Alexander Jeanmaire.

Längst verkauft Wewers ihre Bilder auch, fünf hängen schon in den USA. „Eins hat sogar ein Vorsitzender von Coca Cola erworben“, erzählt sie. Über tausend Euro kosten manchen ihrer Werke „und ich verdiene mit meiner Kunst inzwischen mehr, als mancher, der davon leben muss“, so Wewers. Ganz in die Kunstwelt wechseln würde sie trotzdem nicht: „Den Spagat finde ich gut, aber nur malen - das ist es nicht“, sagt sie.