Witten. .

Streiken sie oder streiken sie nicht? Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ließ Pendler und Reisende am Montag im Ungewissen, wann die angekündigten massiven Warnstreiks des Fahrpersonals beginnen. Am Montag rollten die Züge noch ganz normal. Entsprechend entspannt war die Stimmung am Wittener Hauptbahnhof.

Rote S-Bahnen und Doppelstockwagen der Deutschen Bahn oder anthrazit-graue Abellio-Triebzüge stoppen planmäßig am Bahnsteig und spucken jede Menge Menschen aus, die eilig die Treppen hinabströmen. Also alles wie immer. Auch die Verkäuferinnen der Bäckerei in der Bahnhofshalle haben keinen Unterschied zu anderen Tagen bemerkt.

Stefanie Manig (20) und Sven Nolte (26) haben vom bevorstehenden Lokführerstreik noch nichts gehört. Doch selbst wenn in dieser Woche bei den Bahnunternehmen die Räder still stehen sollten, bleiben die Einzelhandelskauffrau und der Industriekaufmann gelassen. „Dann fahren wir eben mit dem Bus“, sagt Nolte. Nur mehr Zeit als sonst muss das Paar, das in Witten arbeitet und in Wetter wohnt, dann einplanen, Mit dem Bus bräuchten sie etwa 20 Minuten, mit dem Zug nur fünf, erklärt Stefanie Manig.

Weil die Lokführer am Wochenende angekündigt hatten, in NRW eventuell schon am Montag mit Warnstreiks zu beginnen, ist Michaela Neuber aus Gevelsberg vorsichtshalber auf den Bus umgestiegen, um sich in Witten mit einem Freund zu treffen. „Mit dem Bus brauche ich ungefähr eine Stunde. Mit dem Zug 30 Minuten“, sagt die 38-Jährige. Deshalb hofft sie, dass sie auf der Rückfahrt die Bahn nehmen kann.

Über streikbedingte Zugausfälle mussten sich Reisende am Montag auch später keine Gedanken machen. Wann und wo der Arbeitskampf beginnt, teilte die Lokführergewerkschaft aber noch nicht mit. Sie kündigte lediglich an, dass die Warnstreiks noch diese Woche starten sollen, möglicherweise schon am Dienstag. Die GDL teilte mit, dass sie die Öffentlichkeit rechtzeitig vor Beginn des Arbeitskampfs informieren wolle. Am Montagnachmittag gab es auf der Homepage der Gewerkschaft noch keine Ankündigung.

Sollte es zum Streik kommen, weiß Daniel Günther nicht, wie er seinen Arbeitsplatz erreichen soll. Der Wittener arbeitet als Fachkraft für Lageristik in Wanne-Eickel. Auf Bus und Straßenbahn könne er nicht ausweichen und ein Auto habe er nicht, sagt der 23-Jährige. „Wenn die Lokführer streiken sollten, müsste ich mal mit meinem Chef sprechen. Vielleicht müsste ich dann kurzfristig Urlaub nehmen.“

Mit den Warnstreiks will die GDL ihrer Forderung nach einem einheitlichen Tarifvertrag für die Lokführer von Deutscher Bahn und Privatbahnen Nachdruck verleihen. Sie fordert für alle 26 000 Lokführer im Nah, Fern- und Güterverkehr Löhne in Höhe von 105 Prozent des derzeitigen DB-Niveaus. Da die Privatbahnen einbezogen werden sollen, könnten in Witten auch die von Abellio betriebenen Linien betroffen sein.

Mit ihrem Vorgehen erntete die GDL übrigens auch von anderen Gewerkschaften Kritik. Der Führungsspitze gehe es offensichtlich nur darum, Tausende Pendler zu verunsichern, warf Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Lokführern vor. „So wird das Streikrecht in Misskredit gebracht.“