Witten. .
Das Bahnhofsgebäude hat nach über 100 Jahren einen neuen Besitzer. Genauer gesagt zwei. Markus Bürger und Radomir Zecevic, die eine Werbeagentur betreiben, unterzeichneten am Donnerstag (16.12.) den Kaufvertrag.
Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Auf die Frage, ob man dafür ein Einfamilienhaus bekäme, schaut Bürger seinen Kompagnon fragend an. Interessanter dürfte ohnehin die Investitionssumme sein, die für Sanierung und Umbau des heruntergekommenen Gebäudes von 1901 fällig wird. Sie liegt laut Stadt bei 2,8 Millionen Euro.
Die beiden 37-Jährigen, die sich als „Wittener Jungs“ mit einem Hang zu historischen Gebäuden bezeichnen, wollen aus dem verlotterten Bau ein schmuckes Eingangstor für die Stadt machen und dort neue Ladenlokale ansiedeln. Denkbar wäre zum Beispiel eine Gastronomie über zwei Etagen. Sie schließen Nutzer wie Spielhallen oder Sexkinos aus. Es gehe nicht um Vermietung um jeden Preis, sagt Markus Bürger, der bereits den Zuschlag für die Villa Lohmann erhielt und das alte Rathaus in Herbede umgebaut hat. Bäckerei, Zeitschriftenhandel und Reiseagentur bleiben bestehen.
Rund ein Jahr wird für die 2011 beginnende Instandsetzung veranschlagt. Der denkmalgeschützte Bahnhof aus der Gründerzeit wird kernsaniert, Fassade inklusive. Die Dachkuppel soll ausgeleuchtet, die Halle offener gestaltet werden. Wo jetzt noch die Uhr auf einer verschmutzten weißen Wand hängt, kommt bald wieder das alte große Rundbogenfenster zum Vorschein - mit elektronischer Anzeigentafel. Durch das große Fenster am Eingang soll der Blick zur Stadtgalerie möglich werden. In der Halle will man alte Stücke wie eine große schwarze Lok ausstellen. Die Verbindung Wittens zu Eisenbahn, Stahl und Kohle soll mit Hilfe der im Bahnhof ansässigen Wittener Eisenbahnfreunde wieder sichtbar werden.
Was mit Nutzern wie dem Getränkehändler in dem Anbau wird, sei noch offen, erklären die Investoren, die keinen Zugriff auf „Eisenbahnbetriebsanlagen“ wie Bahnsteige oder Gleise haben. Diese bleiben ebenso wie der schmuddelige Tunnel, der zu den Zügen führt, im Besitz der Deutschen Bahn. Um auch ihn sanieren zu können, wurden schon einmal 50 000 Euro vom Kaufpreis abgezogen. Federführend bleibt hier allerdings die Bahn, die damit auch für den seit vielen Monaten defekten Aufzug weiter verantwortlich ist. Der soll im nächsten Jahr erneuert werden, so Ministerialrat Thomas Lennertz. Als Geschäftsführer der Bahnflächenentwicklungsgesellschaft NRW hat er die Verhandlungen geführt.
Witten sei der 75. Bahnhof, den die Bahn verkaufe. Zunächst habe sie, ausgehend von niedrigeren Investitionskosten, das Gebäude noch halten wollen, so Lennertz. Seine Gesellschaft konnte die Bahn angesichts der hohen Sanierungskosten, schließlich davon überzeugen, sich doch zu trennen - womit der Weg frei war für ein so genanntes Investorenauswahlverfahren. Das Finanzierungs- und Nutzungskonzept der beiden Wittener setzte sich schließlich im Kreise von rund fünf verbliebenen Bewerbern durch.
Die Stadt zeigt sich nach zähen zehnjährigen Gesprächen mit der Bahn erleichtert. Die neuen Besitzer seien in der Lage, historische Belange und wirtschaftliche Notwendigkeiten in Einklang zu bringen, meint Bürgermeisterin Leidemann. Stadtbaurat Bradtke. „Das ist das I-Tüpfelchen für die Innenstadtentwicklung.“