Witten. .
Stadtwerke-Chef Uwe Träris lässt sich gern vor dem Landschaftsbild mit dem satten Grün fotografieren. Der Breisgauer kann auch umweltfreundlichen Energien eine Menge abgewinnen. Sind Sie ein Grüner, Herr Träris?
Der 46-Jährige, seit gut hundert Tagen als Geschäftsführer im Amt, sagt nicht sofort nein. Zwar auch nicht ja, aber dass er als gebürtiger Freiburger grünes Denken schon mit der Muttermilch eingesogen habe. Dass er gegen die Verlängerung der Atomlaufzeiten ist, hat aber ebenso handfeste kaufmännische Gründe. Die großen Energiekonzerne, „unsere Wettbewerber“, die Betreiber der Atomkraftwerke, verdienten an der Laufzeitverlängerung. Die Stadtwerke würden geschwächt, da die Strompreise dann an der Börse niedriger gehandelt werden. Am Ende müsse der Steuerzahler aufkommen - etwa für die Lagerung des Atommülls.
Für Träris ist das aber kein Grund, unzufrieden zu sein. Er scheint den Wechsel von der fünfmal größeren Stadt Dresden, wo er bei den dortigen Stadtwerken (1 Mrd Umsatz) für die Finanzen zuständig war, nach Witten (150 Mio) nicht zu bereuen. Sein neuer Arbeitgeber sei gut aufgestellt. Das, was er zu seiner Amtseinführung gesagt habe, würde er heute wieder „eins zu eins unterschreiben“ - dass er nicht als Sanierer gekommen sei. Der Wittener Energieversorger stehe noch besser da, „als ich dachte“.
Träris lobt besonders die Qualifikation der noch rund 250 Mitarbeiter und deren Identifikation mit dem Unternehmen. Allein nach Charmeoffensive klingt das bei ihm nicht. Dafür ist der DiplomVolkswirt zu sehr Kaufmann. Er lässt keinen Zweifel daran, dass das Personal eher weniger wird. Es gebe weiterhin keine betriebsbedingten Kündigungen, aber wie fast überall ausscheidende Altersteilzeitler, deren Stellen teilweise nicht wiederbesetzt werden.
Die Rückführung der Netzgesellschaft sei sehr gut gelaufen, zieht Träris eine Bilanz der letzten Monate. Nein, große Baustellen habe er nicht vorgefunden. „Aber jeder Geschäftsführer setzt natürlich andere Prioriäten.“ In seinem Falle heißt das: mehr Kundenservice. „Die telefonische und persönliche Erreichbarkeit muss noch verbessert werden.“ So wollen die Stadtwerke ihr Center in der Ruhrstraße umbauen. In Zeiten, wo fast fünf Prozent der Kunden in den letzten Jahren zu den vielen Wettbewerbern abgewandert sind, rückt der Kunde stärker in den Mittelpunkt.
Dabei setzt Träris auf die Verankerung der Stadtwerke in Witten. „Wir sind die Einzigen, die vor Ort präsent sind.“ Der Kunde müsse aber künftig „noch schneller Antwort bekommen“. Mit ihren „marktfähigen Preisen“ hält er sein Unternehmen für konkurrenzfähig. In diesem Winter werde es voraussichtlich keine Erhöhung der Strom- oder Gaspreise geben.
Den Wittenern solle noch deutlicher gemacht werden, „dass jeder von uns verdiente Euro wieder in diese Stadt fließt“, sagt Träris. Rund drei Millionen waren es im Vorjahr, die man direkt an die Stadt abführte, die Verluste der Bäder (2,5 Mio) schon abgezogen. Träris will dem Energieverbund EWMR treu bleiben, über den etwa gemeinsam eingekauft wird, und sich auf die Kernprozesse konzentrieren: „Nah am Kunden sein, Dienstleister, Netzbetreiber sein.“
Mit einer Haushaltsabdeckung von rund 95 Prozent halten sich die Sorgen des Freiburgers in Grenzen. Und bei den erneuerbaren Energien, freut er sich, lägen die Stadtwerke mit einem Anteil von 30 Prozent jetzt schon deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Doch ein Grüner?