Witten. .

In Mannheim startete am Montag der Vergewaltigungsprozess gegen TV-Wettermann Jörg Kachelmann. Der Ausgang ist noch völlig unklar. Oft kommt es gar nicht zu einer Verhandlung.

Denn viele Frauen schreckten vor einer Anzeige zurück, sagt Kathleen Schmalfuß vom Frauenhaus EN. „Viele Frauen möchten erst einmal in Ruhe gelassen werden.“

Das Frauenhaus sei ein Schutzraum, wo sie Sicherheit fänden. Entscheide sich eine Frau dafür, ihren Peiniger anzuzeigen, werde sauf diesem Weg begleitet. Andere seien so geschockt, dass sie Wochen, manchmal auch Jahre benötigten, die Tat zu verarbeiten. Dann aber sind Spuren der Tat meistens nicht mehr zu sehen.

Sichtbare Spuren sexueller Gewalt könnten zum Beispiel Würgemale sein, aber auch Kleiderfasern, Speichel oder Sperma, erklärt Prof. Thomas Bajanowski, Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der Ruhr-Uni Bochum. Manche Verletzungen verschwänden nach einigen Tagen, andere seien länger noch nachzuweisen. Sperma oder Speichel hingegen verschwänden z.B. beim Duschen schnell.

In Wuppertal, Solingen und Remscheid läuft seit Ende 2009 ein Pilotprojekt, bei dem sich Opfer anonym im Krankenhaus untersuchen lassen können. Die Spuren werden zehn Jahre aufbewahrt und könnten später als Beweismittel genutzt werden.

So etwas gebe es im Ennepe-Ruhr-Kreis leider nicht, sagt Kathleen Schmalfuß vom Frauenhaus. Und so stehe bei Vergewaltigungsprozessen oft Aussage gegen Aussage. In den Befragungen müssten die Opfer dann die Tat immer wieder durchleben und sich an viele Details erinnern, was nach einer längeren Zeit schwierig sei. Oft werde auch ihre Glaubwürdigkeit geprüft, denn die Gerichte können einen Täter nur verurteilen, wenn seine Schuld feststeht.

Das hat auch Sonja* (40) erlebt, die mit ihrer 13-jährigen Tochter im Frauenhaus EN Schutz vor ihrem Mann suchte. Erst im Laufe der Beratung entschied sie sich, Anzeige zu erstatten. Ihre Verletzungen hatte sie immer alleine auskuriert. Nach der langen Zeit fiel es ihr schwer, sich bei den Befragungen an Einzeltaten zu erinnern. Häufig musste sie aussagen, auch ein Glaubwürdigkeitsgutachten wurde über sie angefertigt. Ein Urteil in ihrem Fall steht noch aus.

Das Gefühl, ihnen werde nicht geglaubt, sei für viele Opfer nur schwer zu ertragen, weiß Claudia Eckern vom Frauenhaus EN. „Wird dann das Verfahren mangels Beweisen eingestellt, ist die Enttäuschung riesig.“ Zu Urteilen kam es in Deutschland im Schnitt nur bei 13 von 100 Verfahren, ergab eine Studie der London Metropolitan University. Die meisten Fälle wurden eingestellt.

58 „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ verfolgte die Polizei in Witten im letzten Jahr, darunter 15 Fälle von Vergewaltigung bzw. schwerer sexueller Nötigung. Die Dunkelziffer – also die Zahl nicht angezeigter Fälle – sei aber hoch, sagt Polizeisprecher Volker Schütte. Beim Amtsgericht wurden 2009 vier Fälle verhandelt, weitere vor dem Landgericht Bochum.

Frauen, die eine Vergewaltigung anzeigen wollen, bekämen jede Unterstützung im Frauenhaus, sagt Claudia Eckern. „Aber wir sagen ihnen auch, dass ein solcher Prozess nicht einfach ist.“

* Name von der Redaktion geändert