Witten. .
„Es war ein unheimlich gelungener Tag“, sagt Ursula Auerbach über die Veranstaltung, die sie am Dienstag im Fachseminar für Altenpflege an der Pferdebachstraße leitete. Eine Klasse hatte sich mit der Entwicklung der Ausbildung und des Berufsbildes von 1970 bis heute beschäftigt. Anlass: das 40-jährige Jubiläum der Schule in diesem Jahr.
Auf den großen Zetteln, die an der Wand hängen, stehen verschiedene Jahreszahlen in bunten Farben. Und einige der Schülerinnen erzählen, was sich im Laufe der Zeit geändert hat. Zum Beispiel die Wertschätzung der alten Menschen, die bis in die 60er Jahre noch als „Insassen in Verwahranstalten“ bezeichnet wurden. Dieser Ausdruck habe sich ihr eingeprägt, sagt Rebecca Jäger. Heute, betont die 21-jährige, stehe der Bewohner im Mittelpunkt. „Die Menschen sollen sich in den Pflegeeinrichtungen wohlfühlen und nicht wie im Krankenhaus.“ Und die 22-jährige Laura Blobel gesteht, dass sie nicht gewusst habe, dass die Ausbildung früher Geld kostete.
Weil die Auszubildenenden, die ein halbes Jahr vorm Examen stehen, sich aber nicht nur mit der Historie befassen sollten, sondern auch mit der Perspektive, die der Job ihnen mal bieten wird, hatte Seminarleiterin Irmgard Hock-Altenrath ein paar Ehemalige eingeladen. Natürlich solche mit erfolgreichen Berufsbiografien – „damit sie sehen, was es für tolle Leute gibt, die diese Arbeit ausüben“.
Pflegefachkraft Dagmar Römhild (56) zum Beispiel, die sich mit 48 Jahren neu orientierte und ihre Ausbildung in Witten begann, jetzt fünf Jahre im Beruf steht und inzwischen als Praxisanleiterin neue Auszubildende auf die praktischen Abschlussprüfungen vorbereitet. Oder Robert Hirtes (40), der 1992 sein Examen am Fachseminar bestand und heute ein Seniorenheim in Bochum leitet.
„Die Entwicklungsmöglichkeiten hören nicht mit der dreijährigen Ausbildung auf“, sagt Hirtes, der sich stets berufsbegleitend weiterbildete und derzeit ein Studium am Institut für Arbeitswissenschaften der Ruhr-Uni absolviert. Seine Forderung, die alle Anwesenden nur unterstützen können: „Wir müssen uns eine eigene Lobby erkämpfen.“ Schließlich sei Pflege eine Profession. „Und wir müssen daran arbeiten, immer besser zu werden.“
Die nötige Motivation – die Schülerinnen Laura, Rebecca und auch Annette Schuster (47), die heute eine historische Sonntagstracht aus dem Diakonissenmuseum trägt, haben sie allemal. Laura, die als Zehnjährige mitbekam, wie die schwer krebskranke Oma von der Familie gepflegt wurde und dann vor vier Jahren half, sich um den Opa zu kümmern. „Da war mir klar, ich möchte den Menschen den letzten Lebensabschnitt so schön wie möglich machen.“ Rebecca, die über ein Schnupperpraktikum im Seniorenheim zum Pflegeberuf kam, empfiehlt allen jungen Leuten, „einfach mal solch ein Haus zu besuchen und sich begeistern zu lassen“. Annette Schuster, die wie Dagmar Römhild später gern im Bereich Praxisanleitung arbeiten würde, sagt über die Arbeit mit den pflegebedürftigen Menschen: „Es gibt hier nicht nur Trauer. Wir haben auch viel Spaß.“
Der Projekttag habe ihnen viel gebracht, sind sich die Schülerinnen einig. Vor allem aber das Zusammentreffen mit Menschen aus der Praxis, die solch einen positiven Blick auf die Wirklichkeit haben, obwohl jeder wisse, wie schwer der Job ist.