Witten. .
Was tun, wenn es im Bus zu Konflikten kommt? Zwei Fahrer berichten aus ihrem nicht immer einfachen Arbeitsalltag.
Am Anfang ist die Musik kaum zu hören. Dann dröhnt sie immer lauter aus dem Handy-Lautsprecher, bis ihr keiner im Bus mehr entgehen kann. Für Michael Pfaff eine alltägliche Situation. Seit 20 Jahren arbeitet er als Busfahrer.
Meist hat Pfaff von frühmorgens bis mittags Dienst - eine Zeit, in der viele Schüler unterwegs sind. Er weiß, dass die Jugendlichen oft provozieren wollen, austesten, wie weit sie gehen können. „Aber muss ich auf alles anspringen?“ fragt der 43-Jährige. Oft kläre sich die Situation von allein, weiß er aus Erfahrung. Wenn die Sicherheit nicht gefährdet sei und sich andere Fahrgäste nicht gestört fühlten, könne man auch mal abwarten.
Eines aber sei sicher: „Mit Aggressionen erreicht man nichts.“ Dass ein 61-jähriger Schulbusfahrer in Moers einen neunjährigen Jungen mit einem Kabelbinder fesselte, weil er sich partout nicht hinsetzen wollte, kann Pfaff nicht verstehen. „Das ist ja ein erfahrener Mann. Dass da so ein Ausrutscher passiert, ist mir völlig unbegreiflich.“
Über Funk Hilfe gerufen
Das sieht auch Pfaffs Kollege Andreas Roy-Naß so. „Man muss schon ein dickes Fell haben. Sonst hat man den ganzen Tag nur Stress.“ Er hätte in einer solchen Situation über Funk Hilfe gerufen, sagt der 46-Jährige. Als Fahrer kann er die Leitstelle alarmieren, die einen Kundenbetreuer oder einen Verkehrsmeister schickt, oder gleich die Polizei verständigen.
In seinen 19 Jahren als Busfahrer hat Andreas Roy-Naß nur selten eingreifen müssen. „In Witten geht es recht ruhig zu.“ Und die kleinen Streitereien regelten sich meist von selbst. An einen Fall kann er sich aber noch gut erinnern. Ein Fahrgast bedrohte einen anderen Mann mit einem Messer. „Ich bin mit großen Abstand auf ihn zugegangen und habe ihn aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen“, schildert Roy-Naß die Situation. Er hatte Glück, der Angreifer haute ab. „Es hätte aber auch schnell eskalieren können.“
Auf Hilfe von außen hat sein Kollege Michael Pfaff noch nie zurückgegriffen. „Ich konnte meine Angelegenheiten bisher immer selbst klären.“ Wenn sich jemand daneben benimmt und eine Ermahnung nicht hilft, hält er den Bus an und spricht den Störenfried direkt an. „Aber ich öffne die Türen, damit eine Rückzugsmöglichkeit besteht.“ Pfaff weiß, dass viele lieber verschwinden, als sich dem Konflikt auszusetzen. Dass sich einige Jugendliche nichts sagen ließen, daran hat er sich gewöhnt. „Als Busfahrer ist man nicht unbedingt eine Respektsperson, wie man es vor 30 Jahren war.“
MItarbeiter durchlaufen Deeskalationskurse
Um die Mitarbeiter auf besondere Situationen vorzubereiten, nehmen sie an Deeskalationskursen teil, erklärt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Außerdem seien im gesamten Betriebsgebiet 200 Kundenbetreuer im Einsatz, die Fahrausweise kontrollieren und gehbehinderten Menschen helfen - aber auch die Busfahrer bei Konflikten unterstützen können.
Zusätzlich gibt es Jugendliche, die selbst ein Auge auf ihre Schulkameraden werfen: Schüler von verschiedenen Wittener Schulen sind als Fahrzeugbegleiter unterwegs. Sie sollen nicht nur bei Auseinandersetzungen eingreifen, sondern auch dem Vandalismus Einhalt gebieten.
Die 17-jährige Katharina, die aufs Schiller-Gymnasium geht, fährt täglich nach der Schule mit dem Bus nach Hause. Dass es zu Rangeleien kommt, sei nichts Außergewöhnliches, sagt sie. Oder dass der Busfahrer mal eingreifen muss, weil sich Leute zu laut verhalten. Dass die Situation eskaliert ist, hat sie aber noch nicht erlebt.