Witten. .
Fast jedes fünfte Kind in Witten ist von Armut betroffen. 15,4 Prozent sind es im gesamten Kreis, 4,5 Prozent weniger als in Witten (19,9 Prozent). Die Zahlen des Armutsberichtes, die im Kreisausschuss für Soziales und Gesundheit debattiert wurden, wirkten erschreckend.
In der gesamten Armutsstatistik (Erwachsene inbegriffen) steht Witten mit 11,2 Prozent sogar an erster Stelle im Kreis. Bei den Kindern ist nur Schwelm mit 20,1 Prozent noch stärker betroffen.
Gerd Kinski, Kinder- und Jugendbeauftragter der Stadt, war überrascht über die Zahlen. „Diese Höhe hatte ich nicht erwartet“, so Kinski. Für Hartmut Claes, Geschäftsführer der Caritas, kamen die Zahlen nicht so unerwartet. „Wir erleben es hier oft, dass Eltern kein Geld mehr für Windeln haben oder für spezielle Nahrung, wenn die Kinder unter Allergien leiden.“
Einen Grund für diese Misere sieht Claes in der „Unfähigkeit“ vieler Eltern, ordentlich zu wirtschaften. „Früher gab es bei besonderen Anschaffungen einmalige Beihilfen“, sagt der Caritas-Geschäftsführer. Die es aber seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze nicht mehr gebe. Die Leute hätten nicht mehr gelernt, Rücklagen zu schaffen.
Claes fände in solchen Fällen „pädagogische Wirtschaftskurse“ angebracht. Für Kinder fordert er eine Berechnung des Bedarfs, der sich konkret an ihren Bedürfnissen orientiert. Die Bundesregierung sei nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht am Zuge.
Klaus Schmidt, Leiter der Abteilung für erzieherische Hilfen beim Jugendamt, würde es lieber sehen, wenn Beihilfen direkt in den Kitas landen. „Da kommt die Hilfe dann auch bei den Kindern an.“, sagt Schmidt. Direkt gegen die Armut könnten er und seine Leute auch nichts tun. „Wir können nur Hilfe bei der Erziehung anbieten.“
Allerdings bezweifelt Klaus Schmidt, dass es sich um rein materielle Armut handelt. „Bei immer mehr Eltern ist die pädagogische Kompetenz rückläufig“, so Schmidt. Nicht nur finanziell schlecht gestellte Familien bräuchten Erziehungshilfen. Besonders im Bereich der Haushaltshilfe sei der Bedarf enorm gestiegen. „Wenn wir vor zehn Jahren zehn bis 15 Fälle hatten, sind es heute 120 bis 130.“