Witten. Um das zu sehen, kommen Gäste von weit her: Ray Chataira arbeitet an einzigartigen Objekten für Wittens Skulpturenpark. Was wird‘s diesmal?
Es ist gerade laut am sonst so idyllischen Schloss Steinhausen. Flex- und Schleifmaschine sind pausenlos im Einsatz. Denn Löwe, Gorilla, Elefant und all die anderen lebensgroßen Tiere aus recyceltem Schrott, die dort oben stehen, bekommen bald Gesellschaft. Ausnahmekünstler Ray Chataira aus Zimbabwe ist mal wieder zu Gast bei Shona-Art. Jener Galerie, die einzigartige Kunst aus Afrika in Witten zur Schau stellt - in der umgebauten Scheune und an der frischen Luft.
Rostiger Mercedes wird in Kunstwerk verwandelt
Also immer dem Lärm nach. Im Hof vor der Galerie ist Ray Chataira mit seinem Team im schweißtreibenden Einsatz. Die Männer hauchen gerade einem Oldtimer neues Leben ein. Obwohl „hauchen“ es nicht so richtig trifft. Sie haben den total verrosteten Mercedes Benz Ponton 219 von 1957 komplett auseinandergenommen und verwandeln ihn nun mit Blechen und allem möglichen Schrott in ein Kunstwerk.
Oldtimer und Drache aus Schrott sind die neuen Kunstwerke in Witten
Ein derart gestalteter Oldtimer hat in den letzten Jahren schon einmal für Furore auf dem Gelände gesorgt. Das begehrte Fotomotiv befindet sich derzeit in der Ausstellung eines Sammlers - und die Besucher vermissen den Anblick. „Es gab viele Nachfragen, wo das Auto denn ist“, sagt Galerist Bastian Müller-Mühlinghaus (47). Überhaupt nähmen die Menschen immer weitere Anfahrten in Kauf, um sich die einzigartigen Skulpturen auf Schloss Steinhausen anzusehen. „Zwei Stunden Fahrzeit sind da keine Seltenheit.“
Deshalb gibt es bald wieder ein neues Auto zu bestaunen. Es stammt von einem Sammler aus dem Norden. Ray Chataira ist mit Begeisterung bei der Arbeit: Der 39-Jährige fährt in der Heimat selbst einen Mercedes. Autos und Deutschland - das gehöre für ihn zusammen. Das Kunstwerk auf vier Rädern soll in etwa zwei Wochen fertig sein und einen Platz auf der Wiese am Parkplatz vor dem Schloss erhalten. Bis dahin können die Fans den afrikanischen Künstlern aber auch einfach bei der Arbeit zuschauen. Oder sich an dem gigantischen Drachen erfreuen - dem zweiten neuen Schrott-Werk, in das die Truppe fast 500 Stunden investiert hat.
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Ein bisschen Feintuning ist nötig, so muss zum Beispiel noch die Oberfläche versiegelt werden. Dann wird der Drache nächste Woche mit einem Fünf-Tonnen-Kran an seinen Platz bei den anderen Schrott-Skulpturen gehievt. Nach Löwe und Co. also diesmal ein Fabelwesen. „Ray hatte den Wunsch, mal etwas ganz anderes zu machen“, erklärt Bastian Müller-Mühlinghaus. Der Afrikaner fand den Gedanken an einen Drachen fürs Schloss sehr inspirierend.
Wer die rund drei Meter hohe Skulptur genau betrachtet, der erkennt die darin verarbeiteten Schrauben, Bleche und anderen Schrottteile. Die Zähne stammen von alten Pflügen. Eine aufgeschnittene, rote Gasflasche fungiert als Zunge. Nur die funkelnden Kristallkugeln für die Augen wurden extra bestellt. Und was ist mit der riesigen Giraffe, die ebenfalls auf dem Hof steht?
„Das ist eine Auftragsarbeit“, sagt der Galerist. Wie er sie in die Nähe von Kiel transportieren soll, ist Müller-Mühlinghaus noch ein Rätsel. Denn das metallene Tier misst stolze acht Meter. Der umtriebige Wittener wird eine Lösung finden.
Seit über 20 Jahren ist Shona-Art für ihn und Ehefrau Nina Mühlinghaus (47) eine Herzensangelegenheit. Er hat internationale Betriebswirtschaftslehre studiert, sie war Kunstlehrerin. Das Paar lernte bei den ersten Reisen nach Zimbabwe die dortige Kunst sofort kennen und schätzen. Auszuwandern sei aber keine Option. „Ich fühle mich in Zimbabwe und Witten zuhause“, sagt der Galerist. Lieber lädt er seit fünf Jahren immer von März bis Oktober zehn afrikanische Steinbildhauer und Recyclingkünstler an die Ruhr ein. Und nicht nur das.
Wittener Verein unterstützt Afrika
2008 hat Müller-Mühlinghaus mit anderen einen Verein gegründet zur Unterstützung des südlichen Afrika. Sie haben dort unter anderem schon eine Schule für mehr als 250 Kinder gebaut. Viel ehrenamtliche Arbeit steckt in den Projekten. Auch die afrikanische Kunst nach Deutschland zu holen, erfordere viel Organisationsaufwand. Der Anblick der imposanten Objekte entschädigt für all die Mühe - dazu die Begeisterung der Besucher.
Täglich schlendern sie übers Gelände, das auch abends geöffnet und schön beleuchtet ist. Christian Diedrichs ist an diesem sonnigen Donnerstagmittag extra von Dortmund-Hörde hergeradelt und bestaunt die Schrott-Werke. „Diese Skulpturen“, schwärmt der 58-Jährige, „sind einfach zeitlos schön.“
Wittener ist großer Förderer der Shona-Kunst
Die Bildhauerei in Zimbabwe ist benannt nach der größten Bevölkerungsgruppe des Landes, den Shona. Sie ist die derzeit renommierteste Form zeitgenössischer Kunst aus Afrika. Die Dauerausstellung auf Schloss Steinhausen (Auf Steinhausen 28) zeigt Skulpturen namhafter Steinbildhauer sowie oft lebensgroße Unikate aus Recyclingmetall.
Bei mehr als 40 Reisen hat Galerist Bastian Müller-Mühlinghaus das Land, die Kultur uns die Menschen kennengelernt. Er ist laut eigener Aussage hierzulande einer der größten Förderer der Shona-Kunst.
Im Sommer bietet Shona-Art auch regelmäßig Bildhauerkurse an. Gerade startet wieder einer. Er ist ausgebucht. Die Ausstellung auf Steinhausen ist rund um die Uhr zu besichtigen, der Laden ist geöffnet: Mi bis So von 12 bis 18 Uhr. Info: 02302 97 87 428 oder shona-art.com.
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