Witten. Weil immer mehr Wittener auf die Urnenbestattung setzen, gibt es Freiflächen auf den Friedhöfen. Auf einer davon soll jetzt ein Wald wachsen.

1500 Bäume und Sträucher sollen auf 500 Quadratmetern wachsen. Das ist das Ziel auf dem evangelischen Friedhof an der Wittener Pferdebachstraße. Grund hierfür sind die aktuellen Bestattungstrends. Weil immer weniger Angehörige die Grabpflege übernehmen wollen oder können, gibt es auf dem Friedhof Freiflächen. Die müssen allerdings regelmäßig gemäht werden. Das kostet Geld und setzt klimaschädliches Kohlendioxid frei. Ein Mini-Wald soll die Probleme lösen.

„Wir haben sehr viel Freifläche durch den Rückgang der Erdbestattung“, sagt Friedhofsverwalter Joachim Utke. Seit fast 30 Jahren ist er im Job. „In dieser Zeit haben sich die Zahlen komplett umgekehrt.“ Anfangs habe es gab 70 bis 80 Prozent Erdbestattungen gegeben und gelegentlich mal eine Urne, sagt er.

In Witten geht der Trend zur pflegearmen Grabstätte

Mittlerweile hätten sich die Zahlen gedreht. Heute ist die Urnenbestattung die erste Wahl. Woran liegt das? „Es ist einfacher.“ Eine Urne habe zehn Jahre weniger Ruhezeit und die zu pflegende Fläche sei kleiner. Zudem gebe es viele pflegearme Formen der Urnenbeisetzung, wie die Beisetzung im Kolumbarium, in Rasengräbern oder Gemeinschaftsgrabanlagen.

Jetzt soll also ein Wald die Freifläche füllen. Die Idee dafür hat Utke aus dem Fernsehen. „Das wär doch was für uns“, habe er sich gedacht und rief kurzerhand bei der ehrenamtlichen Organisation Citizen Forest an und ließ sich beraten. Gut anderthalb Jahre später wächst zwischen den Reihengräbern, abseits des Hauptweges, ein kleiner Wald heran. In der Natur dauert das mindestens 200 Jahre, doch so lange möchte man hier nicht warten.

Mit japanisch-deutscher Methode zum Turbo-Wald

Auf dem evangelischen Friedhof in Witten wächst ein Mini-Wald heran. Friedhofsverwalter Joachim Utke setzt dabei auf eine besondere Methode.
Auf dem evangelischen Friedhof in Witten wächst ein Mini-Wald heran. Friedhofsverwalter Joachim Utke setzt dabei auf eine besondere Methode. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Angepflanzt wurde nach der sogenannten Miyawaki-Methode. Die wurde von einem japanischen Wissenschaftler in Deutschland entwickelt und bedeute in etwa soviel wie „viel hilft viel“, so der Friedhofsverwalter. Auf kleiner Fläche werden also möglichst viele und verschiedene heimische Arten gepflanzt. Buchen, Erlen, Linden, aber auch mittelgroße Sträucher wie Holunder sollen hier gedeihen.

„Man ahmt den Werdegang eines Waldes in ein bis drei Jahren nach.“ Der Vorteil zur Wiese: Ein solcher Mini-Wald benötigt weniger Pflege. Wenn hier mal ein Baum umfallen sollte, dann bleibe er liegen, sagt Utke. Außerdem filtere der Wald Kohlendioxid und trage in heißen Perioden zur Kühlung bei.

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Wer viel pflanzt, braucht auch viel Hilfe. Die gab es von den Kids des Tanztheaters Abrakadabra und der Awo Kita Herbede, die auf dem Friedhof jeweils einen Tag ackerten - natürlich mit Unterstützung ihrer Eltern. „Wir haben die Spaten geschwungen, die Kinder haben die Pflanzen in die Erde gesteckt, festgetreten und hatten dann einen großen Spaß, die ganze Fläche mit Stroh zu mulchen.“

Friedhofsverwalter mit emotionaler Botschaft für die kleinen Helfer

Manche Teilnehmer haben sogar „ihren“ Setzling markiert. Damit Alexa ihren wiederfindet, hat sie ihm ein Namensschild umgebunden. An anderen Jungpflanzen wehen blaue Bänder, hier habe sich eine ganze Familie verewigt, erklärt der Friedhofsverwalter. Für die fleißigen Helfer hatte er eine besondere Botschaft: „Wir sind nur eine begrenzte Zeit auf diesem Planeten. Ihr seid vielleicht später noch da, also müsst ihr auf unseren Wald aufpassen.“

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