Witten. Manche Geschäfte öffnen, andere bleiben geschlossen: Am Dienstag (30.1.) wird in Witten eine Bombe entschärft - das könnte die City lahmlegen.
Nur noch ein Meter fehlt, bis Gewissheit herrscht: Liegt vor dem Saalbau in Witten ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg? Und muss die Innenstadt ab 10 Uhr am Dienstagmorgen (30.1.) evakuiert werden? Die Mitarbeiter der Firma WIWA Kampfmittelbergung haben vor dem Restaurant Mondo bereits ein sechs Meter tiefes Loch gebuddelt. Den letzten Meter Erdreich, bis zur vermuteten Fliegerbombe wird am Dienstag ein Feuerwerker der Bezirksregierung ausgraben - und dann sehen, was da wirklich liegt.
Doch schon im Vorfeld laufen die Planungen für eine mögliche Evakuierung auf Hochtouren. Los geht es ab 10 Uhr. Falls sich der Verdacht bestätigt, setzt sich einiges in Bewegung: Die Bevölkerung wird über die Nina-Warnapp informiert, die Warnungen laufen im Radio oder bei uns auf waz.de/Witten. Durch die Innenstadt werden Fahrzeuge geschickt, die Durchsagen machen. Und die „Evakuierungstrupps“ schellen an den Haustüren. Alle müssen raus - mehrere Stunden lang soll das Leben in der City stillstehen.
DEW evakuiert 90 Prozent der Produktion
Das klingt komplizierter als mancher denkt. Betroffen ist zum Beispiel das Edelstahlwerk. „In einem Bereich werden wir die Produktion zu 90 Prozent evakuieren“, berichtet ein DEW-Sprecher von den Planungen, die seit Langem laufen würden. Lediglich die Ofenwache bleibe vor Ort. Der Wittener Sicherheitschef der DEW hat die Dienstschichten entsprechend umgeplant. Bei den DEW hoffen sie, dass nach einer kurzen Pause die Produktion wieder aufgenommen werden kann.
Bei vielen Einzelhändlern in der City herrscht Ratlosigkeit. Werden überhaupt Kunden in die Bahnhofstraße kommen? Lohnt es sich, das Geschäft zu öffnen? Wie viel Backwerk räumt man in die Auslage, wie viele Schnittblumen stellt man aus? Im Frisör Klier hat man schon entschieden: Es nützt nichts, morgens eine Dauerwelle anzusetzen, wenn kurz danach evakuiert wird. „Wir bleiben den ganzen Tag geschlossen“, sagt Filialleiterin Fidan Sahin. Andere setzen darauf, dass sich der Blindgänger als Mogelpackung entpuppt und nicht geräumt werden muss. „Wir stellen sogar unser Frühstücksbuffet hin“, heißt es im Café Extrablatt. „Entweder wir müssen schließen oder der Betrieb kann laufen.“
Viele Händler wollen öffnen und abwarten
Das ist überall die große Tendenz: Im Normalbetrieb starten und abwarten. „Wir halten uns an die Vorgaben der Stadt“, erklärt Lisa Radau von der Stadtgalerie Witten. Es hätte eine gute Absprache mit dem Ordnungsamt gegeben, lobt sie. „Sobald die Durchsagen kommen, haben wir etwa zwei Stunden Zeit, das Gebäude zu räumen. Alle Geschäftsleute wollen dann geschlossen zum Sammelpunkt gehen.“
Für andere steht fest: Wenn man schließen muss, dann den kompletten Tag - so etwa der Plan von Sandra Jahnke von der Parfümerie Pieper. Justin Anders von „Blumen Risse“ will morgens zurückhaltener starten und weniger Pflanzen rausstellen. „Es heißt, ab Bahnhofstraße 13 wird erst evakuiert. Wir sind Nummer 9, vielleicht kann also alles offen bleiben.“
Stadtarchiv sichert wertvolle Unterlagen
Nur wenige Meter vom möglichen Blindgänger entfernt befindet sich die Einrichtungen des Kulturforums. Sie bleiben am 30. Januar komplett geschlossen. Das betrifft den Saalbau, Haus Witten inklusive der Musikschule, das Märkische Museum, das Stadtarchiv und die Bibliothek. Doch trotzdem gibt es viel zu tun: Im Stadtarchiv ist man dabei, wichtige und wertvolle Dokumente in Sicherheit zu bringen, so Leiterin Martina Kliner-Fruck. Alle Originalmaterialien, die sich zur Bearbeitung in den Mitarbeiterbüros befinden, kommen entweder an ihren Standort zurück oder werden gesichert untergebracht. Doch das ist aufwendig: „Das Stadtarchiv befindet sich nicht auf gleicher Höhe mit den klimatisierten Magazinen. Da sind wir in Witten ein bisschen rückständig. Wir müssen sie über mehrere Stufen in einen anderen Gebäudetrakt bringen.“ In Sicherheit gebracht werden unter anderem historische Briefwechsel mit Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern aus der NS-Zeit, Überlieferungen von Holocaust-Überlebenden, Ratsbeschlüsse und standesamtliche Unterlagen.
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Um etwa 10 Uhr wird der Feuerwerker der Bezirksregierung die große Frage klären, ob nun wirklich eine Bombe im Boden liegt und entschärft werden muss. In den folgenden Stunden werden Straßen gesperrt, Anwohnerinnen und Anwohner müssen aus ihren Häusern. Für sie gibt es Notunterkünfte - etwa in der Sporthalle der Holzkampschule. Erst, wenn der Sperrbereich komplett geräumt ist, beginnt der Sprengmeister, an der Bombe zu arbeiten. Wie lange es dauert, bis die Bombe unschädlich ist, lässt sich im Vorfeld nicht sagen. In der Regel dauert es zwischen 10 Minuten und einer Stunde. Im schlimmsten Fall ist eine Entschärfung aber gar nicht möglich. Dann muss eine Bombe sogar gesprengt werden.
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