Witten. In Witten mussten ambulante Pflegedienste schließen und deren Patienten eine neue Versorgung finden. Doch der Bedarf an Plätzen steigt drastisch.
In Witten gibt es laut dem Portal „Pflegelotse“ rund 15 ambulante Pflegedienste. Mindestens zwei haben Ende vergangenen Jahres ihre Pforten geschlossen. Deren Patienten mussten möglichst schnell eine neue Versorgung finden. Dabei steigt der Bedarf an Plätzen insgesamt, während es für die Anbieter immer schwieriger wird, Personal zu finden - ein Teufelskreis.
Die ambulanten Pflegedienste Honesta an der Ardeystraße in der Nähe des Marien-Hospitals sowie Cura Vita an der Ruhrstraße haben ihre Arbeit eingestellt - aufgrund von Personalengpässen, wie es heißt. Betroffene Patienten berichten, dass es nicht so einfach war, eine Alternative zu finden. Vor allem in den Randbezirken ist es offenbar schwierig. So bekam ein Angehöriger von einem Pflegedienst zu hören, dass dieser nicht von der Stadtmitte nach Stockum fahren würde, nur um Kompressionsstrümpfe an- und auszuziehen. Ein nahegelegener Dortmunder Dienst wollte nicht die Stadtgrenze überqueren.
„Bedarf in Witten ist sehr hoch“
Es komme natürlich immer auf die individuelle Situation des Patienten an. Wo wohnt er? Wie flexibel ist er mit den Uhrzeiten? Welche Pflege ist nötig? Aber: „Wir haben viele Kunden von Honesta, einem türkischen Anbieter, übernommen“, sagt Norma Spinnrath vom Pflegedienst Adamas, der von Stockum nach Heven umgezogen ist. Das seien plötzlich 25 bis 30 Patienten mehr - überwiegend türkische Mitbürger, die Sprachbarriere mache die Arbeit nicht leicher. Dabei betreut der relativ kleine Anbieter mit zwölf Beschäftigten schon 130 Menschen.
„Der Bedarf ist insgesamt sehr hoch“, sagt Geschäftsführerin und Pflegedienstleiterin Norma Spinnrath, die seit 44 Jahren Erfahrung in der Pflege hat. Manchmal müsse man absagen, vor allem, wenn es um hauswirtschaftliche Tätigkeiten geht. Aber wenn jemand wirklich dringend versorgt werden muss, „dann fahren halt zur Not die Chefs mit raus, auch am Wochenende“. Man könne, sagt sie, „die Kunden doch nicht hängen lassen“. Mehr Personal einzustellen, sei ebenfalls schwierig: „Man findet ja keinen mehr, der in der Pflege arbeiten möchte.“
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Von Personalproblemen können auch Thiemo Lamek und Dominik Wessel ein Lied singen. Die Geschäftsführer vom Mobilen Pflegeteam Witten machen aber vor allem steigende Kosten dafür verantwortlich. Auch ambulante Dienste müssen ihre Mitarbeitenden inzwischen nach Tarif bezahlen. „Das hat vielen kleinen Anbietern das Genick gebrochen“, vermuten die Geschäftsführer.
Auch beim Mobilen Pflegeteam - einem der größten Anbieter in Witten - hätten viele ehemalige Patienten der geschlossenen Dienste angefragt. „Wir haben einige übernommen.“ Zum Team gehören 100 Beschäftigte, die rund 700 Menschen betreuen. Inzwischen haben Wessel und Lamek einen dritten Standort eröffnet: Neben Annen und Herdecke sind sie seit 1. Januar an der Ardeystraße zu finden, in der ehemaligen Engel-Apotheke.
„Täglich kommen Anfragen“
Täglich würden sie zwei bis drei Anrufe potenzieller Kunden erreichen. Für den Bereich Hauswirtschaft und Betreuung seien es sogar drei bis fünf Anfragen. Der Bedarf sei massiv gestiegen, bestätigen auch sie. „Dann müssen wir gucken, was Priorität hat.“ Geht es nur darum, jemanden einmal in der Woche zu duschen? Oder ist eine medizinische Rundum-Versorgung nötig?
„Es ist eine Herausforderung.“ Die nicht geringer werde, betrachte man die über 1000 Gutachten pro Jahr, für die das Team extra drei Krankenschwestern abgestellt hat. Dabei geht es um die Einstufung jener, die ihren Alltag noch zuhause stemmen können. „Die aber unsere zukünftigen Patienten sind.“
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Elisabeth Both, Pflegedienstleiterin des ambulanten Dienstes der Caritas, ist regelmäßig damit beschäftigt, Touren umzugestalten, um Fahrwege zu optimieren. Etwa 40 Mitarbeitende betreuen um die 500 Menschen in ganz Witten. Auch hier gebe es regelmäßig Anfragen, jedoch keinen Aufnahmestopp. „Aber wenn sich sieben Interessenten melden, kann man nicht innerhalb einer Woche einen Platz anbieten.“
Both hat eine Zukunftsvision. Sie befürchtet zwar, dass es irgendwann nur noch drei oder vier große Anbieter in der Stadt geben werde. Doch dann könne man sich hoffentlich besser absprechen. Es mache ja keinen Sinn - was aber aktuell durchaus vorkommen könne - wenn mehrere Pflegedienste zur gleichen Zeit in derselben Straße unterwegs sind. „Weniger Fahrzeit heißt: Mehr Zeit für den Patienten.“