Witten. Olaf Schatta (53) ist Bäcker und Fachinformatiker. Heute betreibt er den wohl einzigen Laden für Arbeitsklamotten in Witten. Und nicht nur das.

Wer auf der Suche nach einer Langnageltasche, einer Hammerschlaufe oder einer Gehörschutzkapsel ist, der wird bei Olaf Schatta in Annen fündig. Der 53-Jährige verkauft in seinem Geschäft auf dem Gelände an der Westfalenstraße alles, was Handwerker, Köche und Krankenpfleger so brauchen. „Arbeitsklamotten“ heißt der Laden, der in Witten und Umgebung wohl einzigartig ist. Dass er sich in diesem Bereich selbstständig machen würde, war so nie geplant.

Olaf Schatta hat „aus der Not heraus ein Geschäft eröffnet“, wie er selber sagt. Mit 18 hat er mal Bäcker gelernt, wurde dann Fachinformatiker und ist inzwischen außerdem Betriebswirt für Wirtschaftsinformatik. Die Geschichte seiner Berufsfindung: skurril. Denn weil sein Job als Fachinformatiker irgendwann futsch war - „der Arbeitsplatz ging nach Indien“ - verdingte sich Schatta zunächst als fliegender Händler, verkaufte Klebstoff und Kunststoffwannen. Mit dem Auto ist er dafür bis an die Nordsee gefahren.

Ebay brachte den Durchbruch

Darauf muss man erstmal kommen. Ein Mann, den er bei einer Bahnfahrt kennengelernt hatte, brachte ihn auf die Idee. „Aber es brachte nicht viel ein“, erinnert sich Schatta. Erst als die Verkaufsplattform Ebay populär wurde, startete er durch. „Ich war einer der ersten, der seine Sachen darüber an den Mann brachte.“ Innerhalb eines halben Jahres habe sich sein Umsatz vervierfacht. Und ihm war klar: „Ich eröffne einen Versandhandel.“

Es blieb bei Kleber und Wannen. Doch ein Geschäft musste her. 2006 zog es den gebürtigen Bochumer der Liebe wegen nach Witten. An der Johannisstraße mietete er ein kleines Ladenlokal - mit Schaufenster. „Doch was sollte ich da reinstellen?“ Olaf Schatta ersteigerte eine Kiste mit Latzhosen, besorgte sich ein paar Puppen und drapierte alles im Fenster. Das zog neue Kunden an.

Im Geschäft an der Westfalenstraße gibt es auch Westen für Zimmerleute. Olaf Schatta kooperiert vor allem mit FHB, dem letzten Hersteller von Arbeitskleidung in Deutschland, wie er sagt.
Im Geschäft an der Westfalenstraße gibt es auch Westen für Zimmerleute. Olaf Schatta kooperiert vor allem mit FHB, dem letzten Hersteller von Arbeitskleidung in Deutschland, wie er sagt. © Funke Foto Services | Christof Köpsel

„Einer kam rein und wollte Bäckerklamotten kaufen, der nächste fragte nach Arbeitsschuhen.“ Schatta fackelte nicht lange und investierte. Bald zog er zur Ruhrstraße, dann ins Wiesenviertel. Wo er einst Berufsbekleidung verkaufte, hat jetzt Schmit‘s Weinbar ihren Platz. 2015 eröffnete er eine Niederlassung im Bochumer Hannibal-Center. „Das lief super.“ Bis er keine Mitarbeiter mehr fand und vor der Frage stand: „Mache ich den Laden in Bochum oder Witten dicht?“

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Schatta entschied sich für die Ruhrstadt. Vor drei Jahren dann wechselte er ins Gewerbegebiet an der Westfalenstraße. In der 800 m² großen Halle zwischen Lidl und Netto hatte die Firma Varta zuvor große Batterieblöcke repariert. Nun hängen dort Arbeitshosen und -Jacken für fast jedes Metier. Aber auch viele Privatleute schauen vorbei. Etwa Hundebesitzer, die fürs Gassigehen in der dunklen Jahreszeit eine neongelbe Warnweste suchen. Oder Hobbygärtner, die eine robuste Arbeitshose brauchen.

Kleber für Bugatti

Rund 1,2 Millionen Euro Umsatz macht Schatta insgesamt pro Jahr. Auch den Versandhandel betreibt er weiter. Hinten lagern Kleber - damit beliefert er unter anderem den Automobilhersteller Bugatti - und Plastikwannen. Letztere ordern zum Beispiel Tierbestatter. Oder Campingfans als Duschwanne. Das neueste Modell dient als Auslaufschutz für Waschmaschinen. Schatta ist selbst überrascht, wofür die Menschen seine Wannen benutzen.

„Richtig nach vorne gebracht hat uns aber, dass wir unsere Arbeitsklamotten inzwischen auf Wunsch auch selbst mit Firmenlogos bedrucken und besticken.“ Ardex, Lohmann und Backhaus seien seit Jahren treue Kunden.

Der Chef an der Maschine: Firmen können bei Olaf Schatta gekaufte Arbeitskleidung auch mit Logo oder Schriftzug bedrucken oder besticken lassen.
Der Chef an der Maschine: Firmen können bei Olaf Schatta gekaufte Arbeitskleidung auch mit Logo oder Schriftzug bedrucken oder besticken lassen. © Funke Foto Services | Christof Köpsel

Dennoch: Selbstständig zu sein, sei keine reine Freude. Während Corona musste Schatta schließen - und vier Mitarbeiter in Vollzeit bezahlen, während er selbst „keine müde Mark“ gesehen hat. Dann kam der Ukraine-Krieg - und zwei Hauptlieferanten von Arbeitshosen, die dort produzierten, fielen plötzlich weg. Das Auf und Ab bei der Mehrwertsteuer habe Nerven gekostet. „Ständig mussten wir Preise umetikettieren.“

Von den Personalproblemen ganz zu schweigen. Schatta ärgert sich über die Mentalität mancher Menschen. Einige feierten wochenlang krank oder wollten samstags nicht arbeiten. Neue hat Schatta kaum gefunden. „Und die das Arbeitsamt schickte, haben kaum fünf Tage durchgehalten.“

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Doch der 53-Jährige wäre kein echtes Kind des Ruhrpotts, wenn er nicht trotzdem weitermachen würde. „Mein Vater hat auf der Zeche malocht, mein Opa auch.“ Dem Bergbau trägt die Deko in der Halle Rechnung. Ein riesiges Untertage-Gemälde ziert den Kassenbereich. Von der Decke baumeln alte Körbe der Bochumer Zeche Hannibal. Und Grubentücher gibt es auch zu kaufen - mit Witten-, Dortmund- oder Schalke-Schriftzug.