Witten. Beleidigungen jeder Art ist Torsten Janz gewohnt. Auch Drohungen erhält er regelmäßig. „Ich weiß, wo du wohnst”, „Ich kenne dein Auto”, seien da harmlos. Der 46-Jährige muss da drüberstehen, denn er macht die Menschen quasi von Berufs wegen wütend.
Janz ist Verkehrsaufseher, praktisch eine männliche Politesse. Mit seinen Kolleginnen hat er vergangenes Jahr fast 46 000 Knöllchen verteilt.
Ein schneller Griff in die Tasche, geübt klemmt er den blauen Zettel unter den Scheibenwischer. Dann tippt Janz das Autokennzeichen, die Farbe, die Straße und das Delikt in sein Gerät zur mobilen Datenerfassung ein. Schließlich legt der Autobesitzer nicht selten Widerspruch ein. „Da denkst du manchmal, du bist bei den Gebrüdern Grimm”, sagt Janz. Im Erfinden von Ausreden seien die Betroffenen sehr gut.
In kritischen Fällen zückt er die Digitalkamera, macht ein Beweisbild – etwa wenn es sich bei dem Fahrer um einen Auswärtigen handelt oder beim Parken im Halteverbot. So könne sich der Autobesitzer nicht rausreden.
Ein silberner Skoda ohne Parkschein, sofort greift Janz wieder in seine Tasche, gibt die Daten des Wagens ein. Ein Mann kommt angerannt, eine Einkaufstüte unter dem Arm. „Ich bin hierher gekommen und hatte kein Münzgeld”, versucht sich Sascha Klein herauszureden. In nur zehn Minuten habe er schnell ein Lego-Spielzeug für seinen Sohn gekauft. „Natürlich zahle ich den Strafzettel, wenn das sein muss”, sagt er. Aber Janz drückt ein Auge zu. „Werfen Sie die fünf Euro in die Spardose ihres Sohnes”, sagt er.
„Wir haben schon einen Ermessensspielraum”, erklärt Janz. „Und ich bin ja kein Unmensch”. Er persönlich habe nichts davon, wenn er viele Tickets ausstellt. Und er wisse auch nicht, wie viele Knöllchen das in den 13 Jahren Dienstzeit waren. Insgesamt hat das Ordnungsamt im vergangenen Jahr jedoch 45 997 Verwarnungen geschrieben. 4732 weniger als noch im Vorjahr. „Das liegt daran, dass 2009 krankheitsbedingt meistens nur vier Verkehrsaufseher im Einsatz waren”, erklärt Ralf Kelm von der Verkehrsabteilung der Stadt. 2008 seien es sechs gewesen, derzeit fünf.
659 208 Euro sind auf diese Weise der Stadtkasse zugute gekommen. 2008 waren es mit 722 835 Euro noch fast 64 000 Euro mehr. Besonders viele Falschparker gebe es in der Innenstadt, beispielsweise an der Ruhrstraße, der Haupt- und der Wiesenstraße. Aber auch die Meesmannstraße in Herbede sei beliebt. „Da kannst du jeden Tag hinkommen, die lernen das nie”, sagt Janz.
Aber das sei nicht nur in den Außenbezirken so. „Wir haben Aspiranten, die kannste jeden Tag verwarnen, die stehen immer wieder da”, schüttelt der gelernte Kfz-Mechaniker den Kopf. „Was die im Monat löhnen, da kann man sich locker einen Stellplatz für mieten.” Zu wenig Parkplätze habe Witten nicht, nur nicht immer welche vor der Tür.
Acht Stunden läuft Janz an einem Arbeitstag durch die Straßen, immer in einem Bezirk, alle vier Wochen woanders. Und trotz des Ärgers macht er seinen Job gerne. „Es macht mir Spaß draußen zu sein, unter Leuten.” Seine Aufgabe sei erfüllt, wenn kein Auto mehr falsch parke. „Aber das wird nie geschehen.”
Tarife:Für das Nichtauslegen von Parkscheibe oder Parkschein bis 30 Minuten sind fünf Euro fällig. Parken im Anwohnerparkgebiet ohne Ausweis kostet zehn Euro. Parken im eingeschränkten sowie uneingeschränkten Halteverbot oder auf dem Gehweg 15 Euro. Wer sich auf Schwerbehinderten-Parkplätze oder vor Feuerwehrzufahrten stellt, muss 35 Euro zahlen.