Witten. Während viele Jugendliche lieber studieren, hat sich Evelyn Machalinski aus Witten mit 16 für eine Ausbildung entschieden – und es nie bereut.
Da sieht man mal, wie sehr sich die „Berufsfelderkundungstage“ an den Schulen lohnen können. Bei einer solchen Aktion in der Helene-Lohmann-Realschule konnte die Sparkasse Witten das Interesse einer 15-Jährigen wecken. Vier Jahre später ist Evelyn Machalinski „Bester Azubi“ des Jahres 2023 geworden. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet ehrte die 19-Jährige für ihre besonderen Leistungen.
Bei der Feier im Bochumer Starlight Express saß Evelyn als eine von 106 Prüfungsbesten im Publikum, als die IHK plötzlich ihren Namen verlas. „Im Betrieb haben alle gut dichtgehalten, ich wusste von nichts,“ freut sich die Bankkauffrau. Ihr Ausbildungsbetrieb, die Sparkasse Witten, hatte sie nominiert.
Ausschlaggebend für den Preis sei ihre persönliche Entwicklung gewesen. „Wie selbstsicher sie jetzt auftritt und wie verantwortungsbewusst sie jetzt arbeitet – wir sind stolz auf Frau Machalinski“, so Sparkassen-Ausbildungsleiterin Manuela Briele. Denn es ist eher ungewöhnlich, dass eine 16-Jährige mit Realschulabschluss so durchstartet.
Die wenigsten machen nach der Realschule eine Ausbildung
Aus ihrem Schulabschlussjahrgang 2020 hätte kaum jemand eine Lehre angefangen, erinnert sich die jetzt 19-Jährige, viele schieben noch das Fachabi oder Abi hinterher. „In dem Alter weiß man oft ja noch nicht, was man so will.“ Sie bereue es kein bisschen, sich direkt nach der Schule für die Berufswelt entschieden zu haben. Und dass Sparkasse vielleicht langweilig sei, sei ein Vorurteil. „Ich wurde eines Besseren belehrt.“
Nach dem Berufsinfotag damals in der Bommeraner Realschule hatte sie sich erst für ein einwöchiges Praktikum bei der Sparkasse Witten beworben. Dann erneut für ein dreiwöchiges, und das gab den Impuls: „Das hier ist voll meins.“ Die junge Frau bewarb sich um eine Ausbildungsstelle. Im Corona-Jahrgang 2020 fingen mit ihr noch zwei junge Männer an, das sind weniger Sparkassen-Azubis als in „normalen Jahren“.
Mix aus Bürojob und nah am Menschen
In ihrer Ausbildung wurde sie durchgehend im Vertrieb eingesetzt, also im Kundenkontakt. Erste Station war die Geschäftsstelle ihres Wohnorts in Heven. „Ich wurde superfreundlich aufgenommen. Allerdings hatte ich auch von Tag eins an viel Verantwortung.“ Es folgten weitere Geschäftsstellen, die Arbeit in der Kundenhalle in der Ruhrstraße, der Versicherungsabteilung. Was gefällt ihr Besonders? „Der Mix aus Bürojob und nah am Menschen zu sein. Teilweise wird es in der Beratung ja richtig privat.“
Nach ihrer Ausbildung ist die Hevenerin von der Sparkasse übernommen worden. Sie arbeitet jetzt im Vertriebsmanagement, plant zum Beispiel Kampagnen für Anlageprodukte. „Das ist die Abteilung hinter den Geschäftsstellen.“ An drei Abenden pro Woche drückt sie zusätzlich die Schulbank und bildet sich zur Wirtschaftsfachwirtin fort.
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Zu wenig Interesse an Ausbildung
Immer weniger Jugendliche interessieren sich für eine Ausbildung, immer mehr Lehrstellen in Witten bleiben unbesetzt – auch in beliebten Berufen, wie etwa Bürokauffrau. „Den Stellenwert, den eine Ausbildung früher hatte, hat sie verloren. Die Ausbildung hat ein Imageproblem“, bilanziert Ulrich Brauer, Sprecher der Arbeitsagentur. Sehr viele junge Menschen würden lieber studieren als eine Lehre zu machen.
Firmen müssen inzwischen um die Jugendlichen werben, sie durch besondere Konditionen auf sich aufmerksam machen. „Begeistert die Jugendlichen, lockt sie mit irgendetwas, das raten wir den Unternehmen“, so Brauer.
Natürlich wird sie als fertige Bankkauffrau und Super-Azubi auch immer mal wieder im Privaten um Spartipps gebeten. Was rät sie denn dann? „Immer breit gestreut anlegen“, die Antwort kommt prompt. Nicht jeder sei Aktien-Fan, darum sollte man verschiedene Fonds und auch Sparbuch kombinieren. „Vor allem sollte man aber den Schritt wagen und sich beraten lassen.“
Und dann noch eine wissenswerte Frage: Wie sieht eigentlich ein Geldautomaten von innen aus? Evelyn Machalinski schmunzelt, doch sie weiß es tatsächlich nicht. „Das Befüllen macht ein externer Dienstleister. Wir haben damit leider nichts zu tun.“