Witten. Es war ein Projekt, das die Verantwortlichen manche schlaflose Nacht gekostet haben könnte. Nach dem Ende fragt man sich: Was hat Witten gelernt?

Die jahrelange Großbaustelle Pferdebachstraße ist Geschichte, zumindest ist die Straße nach fünf Jahren endlich fertig. Noch kein Schlussstrich ist unter die Rechnung gezogen worden. Die steht noch aus und dürfte sich voraussichtlich um die 20 Millionen Euro bewegen.

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Noch verhandelt die Stadt Witten mit dem Generalbauunternehmer, der Firma Depenbrock, übers Geld. Denn, wen wundert’s, es ist teurer geworden. Ursprünglich ist mal von acht Millionen, später von zwölf und zuletzt von 18 Millionen Euro die Rede gewesen.

Bericht über Gesamtkosten der Pferdebachstraße in Witten vermutlich erst 2024

Das mag aufs Ende hin natürlich auch den explosionsartig gestiegenen Preisen am Bau geschuldet gewesen sein. Im Laufe der langen Bauzeit sind natürlich auch Überraschungen aufgetreten, die mächtig ins Geld gehen. Auch die Bauzeitverzögerung um gute zwei Jahre dürfte eine Rolle spielen.

„Depenbrock bereitet die Schlussrechnung mit jeder Menge Mehrkostenanzeigen und Nachträgen vor“, hatte Tiefbauamtsleiter Jan Raatz vor einigen Wochen im Verkehrsausschuss angekündigt. Wenn diese „Nachträge“ vorliegen, sei es möglich, dafür auch noch weitere Fördermittel zu bekommen, so Raatz.

Die neue Geh- und Radwegbrücke als städtebauliches Highlight: Mit der Schrägseilbrücke, die den Rheinischen Esel über die neue Pferdebachstraße führt, hat Witten ein attraktives Eingangstor bekommen.
Die neue Geh- und Radwegbrücke als städtebauliches Highlight: Mit der Schrägseilbrücke, die den Rheinischen Esel über die neue Pferdebachstraße führt, hat Witten ein attraktives Eingangstor bekommen. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Allerdings dürfte es noch einige Zeit dauern, bis er die Politik endgültig über die Gesamtkosten informieren kann. Es wird voraussichtlich 2024 werden, erstes Quartal. Verkehrsausschussvorsitzender Julian Fennhahn versicherte jedenfalls, „dass wir uns das genau anschauen werden“. Damit ist die Politik gemeint, die in den letzten Jahren regelmäßig per Sachstandsbericht über den Umbau der Pferdebachstraße informiert worden war.

Bäume und Wildblumen in der Straßenmitte und am Rand: Üppig sprießt das Grün an der neuen Pferdebachstraße in Witten.
Bäume und Wildblumen in der Straßenmitte und am Rand: Üppig sprießt das Grün an der neuen Pferdebachstraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Die Langzeitbaustelle drohte zur unendlichen Geschichte zu werden, was auch einer nicht optimalen Vorbereitung geschuldet war, wie Fachleute jetzt einräumen. Die Stadt Witten jedenfalls zieht daraus Konsequenzen.

Stadt Witten zieht Lehren für die Sprockhöveler Straße

So wird für das nächste Großprojekt, die Sanierung der Sprockhöveler Straße, ein Projektsteuerer von außen ins Boot geholt, der auch die Zeit, die Dauer der Baustelle genau im Auge behält. Außerdem soll nichts mehr begonnen werden, wenn die Baubehörde nicht genügend Personal hat. Die zuständigen Ämter waren mitten in der Bauphase der Pferdebachstraße unterbesetzt.

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Und Probleme gibt es ja immer, kleinere und größere. Dazu gehörte etwa die Entdeckung einer alten Tankstelle am alten Güterbahnhof. Das Gelände musste im Frühjahr 2019 erst einmal von Altlasten befreit werden. Doch das war nichts verglichen mit den darauffolgenden Schwierigkeiten. Sie legten die Baustelle im Sommer 2019 fast lahm.

Monatelang tat sich nichts im Sommer 2019: Die Stadt stritt mit der Baufirma darüber, wie der Untergrund der Pferdebachstraße im Bereich Leostraße verfestigt werden konnte. Hier sieht man das Schotterbett.
Monatelang tat sich nichts im Sommer 2019: Die Stadt stritt mit der Baufirma darüber, wie der Untergrund der Pferdebachstraße im Bereich Leostraße verfestigt werden konnte. Hier sieht man das Schotterbett. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Depenbrock drohte wegen der Probleme mit dem Untergrund mit einer fast 90-monatigen Bauzeitverzögerung. Dann wäre die Straße erst Ende 2027 fertig gewesen. Schließlich einigte sie sich dann doch mit der Stadt, wie der Boden im Bereich Leostraße verfestigt werden konnte – unter Zugabe „hydraulischer Bindemittel“. Das von der Firma vorgeschlagene „Kalken“ haben wir bis heute nicht vergessen.

Eigentlich sollte die Pferdebachstraße in Witten schon im März 2021 fertig sein

Von einem damaligen „Baustopp“ will Tiefbauer Raatz heute aber nicht sprechen, räumt aber ein, dass es seinerzeit „so gut wie keinen Baufortschritt“ gegeben habe. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass der angekündigte Fertigstellungstermin im März 2021 in weite Ferne rückte. Mit dem Jahresende 2022 setzte sich die Stadt ein neues zeitliches Ziel. Tatsächlich rollte im Dezember erstmals wieder der Verkehr in zwei Richtungen, obwohl vieles noch nicht fertig war, etwa die Radwegbrücke des Rheinischen Esels.

Die futuristische Schrägseilbrücke ist ein Grund, warum die neu gestaltete Pferdebachstraße heute viel Anklang findet. „Das Endergebnis lässt sich sehen. Wir haben einige positive Rückmeldungen“, sagt Amtsleiter Jan Raatz. Auch er sieht in der Eselsbrücke ein städtebauliches Highlight. „Es macht Spaß, als Radfahrer darüberzufahren.“ Am Ende, findet er, „haben sich alle Anstrengungen gelohnt“.

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