Witten. Alles wird teurer, auch die regionalen Produkte in Wittens Hofläden. Können die Geschäfte das überleben? Das sagen zwei Betreiberinnen.
Karin Thiele steht hinter der Theke ihres Hofladens in Witten-Bommern und wiegt Mett ab. 300 Gramm sollen es sein. Die Kundin fragt nach der hausgemachten Leberwurst, die gerade allerdings aus ist. Also nur das Mett. „Wir sind zufrieden mit der Nachfrage, den Leuten scheint sehr wichtig zu sein, woher die Lebensmittel kommen“, sagt die 63-Jährige. Seit 25 Jahren betreibt sie den Hofladen an der Wengernstraße. Natürlich gab es Höhen und Tiefen, aber die Schlange vor der Theke spricht für sich, trotz gestiegener Preise.
Andernorts machen die vielen Auflagen und gestiegenen Futterpreise den Betreibern zu schaffen. Denn diese Erhöhungen lassen sich oft nicht an die Kundinnen und Kunden weitergeben. In Sprockhövel musste ein Hofladen deswegen vor Kurzem schließen. Die Familie Bockholt schloss ihren Hofladen an der Bochumer Straße nach nur vier Jahren, zu schwierig war das Geschäft mit regionalen Lebensmitteln. Doch nicht so in Bommern.
An diesem Wochenende ist bei den Thieles besonders viel los, denn das alljährliche Hoffest findet statt. Es gibt Stände mit Honig und Deko, einen kleinen Trödelmarkt, eine Hüpfburg und Spiele für die Kinder. Besonderes Highlight: Der Streichelzoo mit den Eseln Max und Moritz und dem Kälbchen Rudolph, das die Thieles mit der Hand aufziehen. Seine Mutter starb einige Tage nach seiner Geburt.
Rinder stehen in Durchholz auf der Weide
Geschlachtet wird bei den Thieles nicht, sie bringen ihre Rinder, die in Durchholz auf der Weide stehen, zum Schlachthof. In der Metzgerei, die sich direkt hinter dem Hofladen befindet, verarbeitet Sohn Berthold Thiele das Fleisch weiter. Geflügel- und Schweinefleisch kaufen die Landwirte von anderen Bauern aus der Umgebung zu und verarbeiten es zu Wurstwaren, Grillgut, Schnitzeln, Frikadellen oder Mettwürstchen.
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Peter und Helga Ludat sitzen an einer der Bierzeltgarnituren und lassen sich Bratwurst und Nackensteak schmecken. „Wir wohnen um die Ecke und kaufen häufig in dem Hofladen ein“, sagt Helga Ludat. Ihr Mann nickt zustimmend – zwar sei der Hofladen teurer als der Supermarkt, aber das nimmt das Ehepaar in Kauf. „Wir essen nicht so viel. Aber das was wir essen, soll Qualität haben und darf dann auch etwas mehr kosten“, sagt der Wittener.
Sohn Christian betreibt den Hof „Niederste Mutte“ in Durchholz
Wer im Hofladen stöbert, findet neben Fleischwaren auch Konfitüre, Pasta, eingelegte Gurken, Wein und etwas Käse. Ackerbau betreiben die Thieles in Bommern nicht mehr – das übernimmt Sohn Christian Thiele gemeinsam mit seiner Frau Kirsten auf dem Hof „Niederste Mutte“ in Durchholz. Das junge Ehepaar ist auf Kartoffeln spezialisiert, baut aber auch Weizen, Roggen, Ackerbohne, Raps und Mais an. An einer kleinen Station direkt am Hof sind die Kartoffeln rund um die Uhr erhältlich. Das Geld wird in eine kleine Kasse geworfen. Mittlerweile gibt es auch einen Barcode zum Bezahlen über Paypal. „Das klappt auf Vertrauensbasis und wird auch gut angenommen “, sagt Kirsten Thiele, die neben dem Hofbetrieb in einer Anwaltskanzlei arbeitet, während Christian Thiele Landwirtschaftsmaschinen vertreibt.
Auch Karin und Berthold Thiele haben mehrere Standbeine. So bieten sie zusätzlich zur kalten Theke im Hofladen warmen Mittagstisch an. Zusätzlich beliefern die Thieles Familien- und Betriebsfeste mit Suppen, Fleischplatten und Salaten.
Auch Trantenrother Hof hat mehrere Standbeine
Auf der anderen Seite von Witten blühen um diese Jahreszeit die Blumen im weitläufigen Garten des Trantenrother Hofes. Demeter-Gemüse wächst und gedeiht auf sieben Ackerflächen, die Familie Schulze-Poll muss für ihren Hofladen im Sommer nichts ankaufen. Im Moment gibt es wieder Masthähnchen und Suppenhuhn. Von glücklichen Hühnern, versteht sich. Dass ein Hofladen alleine in der Regel nicht reicht, zeigt sich auch hier. Neben dem Verkauf im Laden hat der Trantenrother Hof einen Stand auf dem Bochumer Wochenmarkt und beliefert den Gemüsekisten-Lieferanten Flotte Karotte.
„Wir sind also breit aufgestellt und kommen gut zurecht“, sagt Inhaberin Nina Poll. Eine gute Stammkundschaft und Menschen, die Wert auf gesunde Lebensmittel legen, das halte den Betrieb am Laufen, so die Landwirtin. Die Zukunft von Wittens Hofläden, sie hängt von treuer Unterstützung ab.
Diese Hofläden gibt es sonst noch in Witten
Neben den Läden von Hof Thiele und dem Tranthenrother Hof gibt es weitere Geschäfte, die ihre lokalen Produkte anbieten, etwa der Bio-Landwirtschaftsbetrieb Kornkammer Haus Holte im Gederfeldweg und der Hof Wefelscheid an der Kämpenstraße.
Der Hof Finkensiep an der Wilbergstraße hat einen Eierautomaten, der rund um die Uhr geöffnet ist.
Annes Hofladen am Steinhügel ist kein typisches Hof-Geschäft aus eigener Produktion, sondern viel mehr ein Imbiss. Es gibt Frikadellen, Schnitzel, Koteletts, Brathering und Nudel- und Kartoffelsalat zum Mitnehmen oder vor Ort essen.