Witten. Krieg, Inflation, Kaufzurückhaltung: Die Krisen machen sich auch bei den Steuereinnahmen in Witten bemerkbar. Sie sprudeln nicht wie erhofft.

Die allgemeine Verunsicherung bei Bürgern und in der Wirtschaft macht sich auch bei den Steuereinnahmen bemerkbar. Sowohl die für die Stadt wichtigen Gewerbesteuern als auch die Einkommenssteuern bleiben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Weil die Stadt gleichzeitig hohe Rechnungen begleichen muss, hat der Kämmerer eine sogenannte „investive Haushaltssperre“ verfügt. Davon könnten zum Beispiel in diesem Jahr neue, noch nicht begonnene Baumaßnahmen betroffen sein.

Bei der (vorläufigen) Haushaltssperre handelt sich einerseits um einen formalen Akt der Verwaltung, der andererseits ganz konkrete Auswirkungen haben könnte. Immerhin gibt es eine Deckungs-, sprich Finanzierungslücke von 9,5 Millionen Euro.

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Deshalb setzt der Kämmerer ein großes Fragezeichen, ob zum Beispiel in der Baugrube für das neue Annener Bildungsquartier an der Westfeldstraße in diesem Jahr noch 9,5 Millionen Euro verbaut werden müssen. „Was wird wann kassenwirksam?“, fragte Matthias Kleinschmidt im Haupt- und Finanzausschuss. Da die Baubehörde sich stärker auf die Abwicklung großer Projekte fokussiert habe, sei die Frage etwas aus dem Blick geraten, wann was kassenwirksam wird, also abgerechnet werden muss. Und da gibt es aktuell einige große Posten, etwa die Nachträge bei der Pferdebachstraße, das Rathaus, den Karl-Marx-Platz oder den Anbau ans AMG. Über 32 Millionen Euro werden hier fällig.

Gleichzeitig stellte Kleinschmidt klar, dass man rechtliche Verpflichtungen natürlich erfüllen werde und auch unaufschiebbare Maßnahmen finanziert werden. Aufgeführt sind etwa eine Hangsicherung zur Gefahrenabwehr am Imberg, neue Möbel im Zuge des Umbaus des Albert-Martmöller-Gymnasiums (AMG) sowie Planungsmittel für die Doppelsporthalle der Vormholzer Grundschule.

In seinem Quartalsbericht zeichnete Kleinschmidt ein eher düsteres Bild vom Steueraufkommen der Stadt. „Bei der Gewerbesteuer liegen wir unter Plan“, sagte der Kämmerer. Um die 40 Millionen flossen bisher ins Stadtsäckel, die Verunsicherung gehe quer durch alle Branchen, ob den heimischen Handel oder exportorientierte Unternehmen.

Beklagt sinkende Steuereinnahmen: Kämmerer Matthias Kleinschmidt.
Beklagt sinkende Steuereinnahmen: Kämmerer Matthias Kleinschmidt. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

„Deutlich unter den Schätzungen“ liege man in den ersten vier Monaten auch bei der Einkommenssteuer. Hier schlägt derzeit ein Minus von 350.000 Euro gegenüber dem Vorjahr zu Buche. Kleinschmidt: „Das lässt nichts Gutes erwarten, wenn sich das fortsetzt.“ Dagegen falle der Mehraufwand von 850.000 Euro bei der Jugendhilfe derzeit noch moderat aus. „Sehr erfreulich“, nannte er zusätzliche Mittel in Höhe von zwei Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen, nach einer knappen halben Million, die es bereits im März für Geduldete gab.

Die nächsten großen Ausgabenblöcke sind aber schon wieder in Sicht. So schlägt die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst voll durch – die Einmalzahlung in diesem Jahr zunächst mit 2,6 Millionen Euro, die lineare Lohnsteigerung im nächsten Jahr plus Beamtenzuschlag dann voraussichtlich mit satten sechs Millionen.

Aber es gab auch noch eine gute Nachricht: Alle unbesetzten oder neuen Stellen im Kita-Bereich können voraussichtlich zum 1. August besetzt werden – „so Gott will und alle ihre Stelle antreten“, wie Kleinschmidt sagte. Insgesamt habe sich die Besetzung von freien Stellen etwas verbessert.

Statt 253 Stellen seien noch 225 unbesetzt, wovon in 54 Fällen über die Besetzung schon entschieden sei, so der Kämmerer und Personaldezernent. Für weitere 51 Stellen seien Besetzungsverfahren eingeleitet worden. Bei weiteren 82 Stellen wurde noch nicht entschieden, wie damit verfahren wird.