Witten. Schneller als im Velomobil kann man Muskelkraft kaum auf die Straße bringen. Ein Wittener eröffnet nun ein Geschäft für diese Spezial-Liegeräder.

Sie sehen aus wie kleine Raketen und scheinen auch fast so schnell. Velomobile können gut und gerne ein Tempo von 70 Stundenkilometern auf die Straße bringen – aber nur, wenn es die Waden des Fahrers erlauben. Denn betrieben werden die vollverkleideten Liegeräder allein mit Muskelkraft. Nachhaltig und spritsparend. Gehört diesen Carbon-Flitzern die Zukunft der Straße?

Auch Trikes, nicht verkleidete Liegedreiräder, gehören bei Hanno Habighorst zum Angebot. Und zudem Liegeräder mit zwei Reifen.
Auch Trikes, nicht verkleidete Liegedreiräder, gehören bei Hanno Habighorst zum Angebot. Und zudem Liegeräder mit zwei Reifen. © Jürgen Theobald

Hanno Habighorst ist davon überzeugt. Und das nicht erst seit der Energiekrise. „Ich bin schon in der Ausbildung mit dem Rad zur Arbeit gefahren“, sagt der Zweiradmechaniker, der im letzten Jahr seinen Meister gemacht hat. 17 Kilometer hin, 17 zurück, bei Wind und Wetter. „Da habe ich etwas gesucht, um etwas geschützter zu fahren“, sagt der 27-jährige Wittener. Auf einer Branchen-Messe stieß er schließlich auf die Dreiräder mit Karosserie. „Ich war sofort begeistert. Zum Pendeln sind sie einfach perfekt.“

Wittener schwärmt vom tollen Panoramablick

Denn weder der Regen könne dem Fahrer etwas anhaben noch ein harter Sattel, schwärmt der 27-Jährige, der in Heven aufgewachsen ist. „Man sitzt aufrecht in einem Sessel, Hände und Po sind entlastet und man hat einen tollen Panoramablick.“ Den allerdings von ziemlich weit unten. Kann man so nah an der Straße den Überblick behalten? In engen, zugeparkten Straßen sei das vielleicht schwierig, gibt Habighorst zu. Dafür habe das Dreirad mehr Stabilität, könne kaum kippen. „Rennräder sind gefährlicher.“

Jede Menge Auswahl

In Witten bieten mehrere inhabergeführte Fahrradläden den Kunden ihre Dienste an. Dazu gehören u.a. Ebis Fahrradservice, seit anderthalb Jahren an der Hauptstraße 48 zu finden, Fahrrad Fielicke an der Ardeystraße 38 und seit 2021 auch der E-Bike-Händler Vit-Bikes an der Pferdebachstraße 84 B. Fahrradanhänger und mehr gibt es bei Extrawheel am Ledderken 8, Elektroräder der „E-Bike-Point“ am Mewer Rind 6a.

In Herbede bietet „Cargo & Smart“ an der Meesmannstraße 84 unter anderem Falt- und Lastenräder an. Vieles rund um alle Arten von Radsport gibt es auch bei „Metal Motion Bikes“ an der Vormholzerstraße 2A. Und dann gibt es ja auch noch das Radcafé an der Augustastraße und die Radstation am Hauptbhnhof, die von der Wabe betrieben werden.

Aber auch etwas handlicher.

Rund 25 Kilo bringen die Carbon-Flitzer durchschnittlich auf die Waage, etwa zweieinhalb Meter sind sie lang. Die Karosserie ist selbsttragend, also keine Hülle, die über das Rad gestülpt wird. Fahrzeug, Sitz und Ummantelung sind quasi aus einem Guss. Im Innern befinden sich Sitz, Lenker und ein erstaunlich großer Stauraum, der bei Pendlern für mehr als eine Aktentasche reicht.

Polizei suchte Motor und Kennzeichen

Größtes Plus der Velomobile ist zweifellos die Aerodynamik. Pfeilschnell können die Räder auf Asphalt unterwegs sein. „Einmal hat mich die Polizei auf der Landstraße angehalten und meinen Motor gesucht“, erinnert sich der Rad-Fan schmunzelnd. Nachdem die Einsatzkräfte überzeugt waren, dass er kein (Auto-)Kennzeichen braucht, hätten sie das Mobil ausgiebig bestaunt.

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Die Geschwindigkeit macht das Velomobil ganz klar zu einem Fahrzeug für die Straße. „Damit fährt man nicht über einen kleinen, holprigen Radweg“, so Habighorst. Machbar sei natürlich auch eine Runde um den Kemnader See, am Sonntagnachmittag etwa jedoch nicht empfehlenswert. „Aber ich plädiere immer für defensives Fahren und gegenseitige Rücksichtnahme“, betont er ausdrücklich.

Nach Itzehoe an einem Tag

Wer Tempo macht, macht auch Strecke. Die 440 Kilometer nach Itzehoe schafft Hanno Habighorst an einem Tag. Für das Rennen von Hamburg nach Berlin brauchte er zuletzt keine sieben Stunden. Auf flacher Strecke können die Velomobile – die neu übrigens 10.000 bis 15.000 Euro kosten – ihre Vorteile richtig ausspielen. Im Norden und in Holland sind sie daher häufiger auf den Straßen zu sehen als hier. „Aber ich fahre damit auch nach Winterberg“, sagt der Wittener. Nur eben langsamer. Der „Wiegetritt“ in die Pedale ist mit einem Liegerad eben nicht zu machen.

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Etwa 1000 Velomobile, „vielleicht auch weniger“, seien insgesamt in Deutschland unterwegs, schätzt der Hevener. Er will dafür sorgen, dass es mehr werden. Als – nach seinen Angaben – einziger Händler in NRW und einer von sieben bundesweit hat er am Samstag (4. 3.) sein Geschäft „Pedalwirbel“ an der Querenburger Straße 25 eröffnet, direkt neben der Verwaltung des Freizeitbads Kemnade. Zur Eröffnung konnten Interessierte nicht nur mehrere verschiedene Velomobile und ihre Fahrer kennenlernen, sondern selbst auch eine Runde damit drehen.

„Pedalwirbel“, Querenburger Straße 25, Witten. Öffnungszeiten: Mo, Di, Do und Fr 10-17 Uhr, Sa 10-14 Uhr, Mi und Sa zudem nach Vereinbarung. Auch Verleih von Rädern aller Art (Lasten-, Liegerad, Tandem) und Werkstatt. Tel.: 02302 9113113 Mehr Info: pedalwirbel.de