Witten. Steht das vertraute Modell einer Volkskirche vor dem Aus? Ja, sagte Wittens Superintendentin Julia Holtz auf der Synode. Doch es gibt Hoffnung.

Mit den Phasen eines Trauerprozesses hat Superintendentin Julia Holtz die Stimmung in Zeiten von Kirchenaustritten und zurückgehenden Steuereinnahmen verglichen. Bei der Wintersynode – dem evangelischen Kirchenparlament – sagte die Leiterin des Kirchenkreises Hattingen-Witten, nach dem Nicht-wahrhaben-wollen sei inzwischen auch eine Zeit der Wut durchlebt worden. Und nun beschäftige man sich viel mit sich selbst und der eigenen Zukunft – während Haupt- und Ehrenamtliche weiter viel Arbeit bewältigten.

Holtz ließ bei dem Treffen von Vertretern der 17 Gemeinden keinen Zweifel: „Das vertraute Modell einer flächendeckenden Volkskirche steht vor dem Aus“, sagte die Superintendentin. Der Auftrag Jesu sei aber so aktuell wie am ersten Tag: „Jesus hat seine Jüngerinnen und Jünger nicht beauftragt, vereinsähnliche Strukturen in jedem Ort aufzubauen und sich jeden Sonntagmorgen bei Orgelmusik zu treffen.“ Er habe sie vielmehr beauftragt, den Menschen weiterzugeben, was er ihnen über Gottes Liebe beigebracht hatte und das eigene Leben in seiner Nachfolge zu gestalten. Holtz: „Wir möchten uns für die Schwachen in der Gesellschaft und die bedrohte Schöpfung einsetzen, müssen uns aber auch immer wieder darüber klar werden, warum wir das tun.“

Superintendentin Julia Holtz (2.v.l.) begrüßte auf der Synode drei neue Mitarbeitende: Carolin Buchholz leitet in Zukunft das Referat für Jugend und Gemeindepädagogik, Ernst Alexander Biedermann die Notfallseelsorge und Hans-Martin Julius (re.) ist für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising zuständig.
Superintendentin Julia Holtz (2.v.l.) begrüßte auf der Synode drei neue Mitarbeitende: Carolin Buchholz leitet in Zukunft das Referat für Jugend und Gemeindepädagogik, Ernst Alexander Biedermann die Notfallseelsorge und Hans-Martin Julius (re.) ist für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising zuständig. © Kirchenkreis

Finanzielle Lage im Kirchenkreis Hattingen-Witten wird immer schwieriger

Auch die finanzielle Lage der evangelischen Kirche vor Ort wird immer schwieriger. In seiner Erklärung zur Finanzplanung stellte der Chef der Verwaltung, Martin Voit, die großen Aufgaben vor, die sein Kreiskirchenamt zu bewältigen hat. Aber er machte auch Mut: Voit sieht im Kirchenkreis „den Willen, sich dieser Situation entgegenzustellen“. Mit neuen Strukturen soll es gelingen, die Kirchengemeinden schneller und besser zu betreuen, obwohl auch die Verwaltung vom Fachkräftemangel betroffen ist. Die Synode beschloss, die kommende Zeit zu nutzen, damit eine neue, verkleinerte Kirche ihrem Auftrag auch in Zukunft gerecht werden kann.

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Der Evangelische Kirchenkreis Hattingen-Witten erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 280 Quadratkilometern zwischen Niederwenigern an der Grenze zu Essen im Nordwesten bis nach Rüdinghausen, das im Osten an Herdecke stößt. Er ist einer von 27 Kirchenkreisen innerhalb der Evangelischen Kirche von Westfalen. Der Sitz der Superintendentin und somit der Amtssitz ist Witten. Daneben zählen insgesamt 17 Gemeinden in den Städten Hattingen, Velbert, Sprockhövel und Wetter-Wengern zum Kirchenkreis – dazu zählt auch die Creative Kirche.

Derzeit leben knapp 60.000 Protestantinnen im Kirchenkreis. Gemeinsam mit Hagen und Schwelm bildet der Kirchenkreis Hattingen-Witten einen Gestaltungsraum mit einer gemeinsamen Verwaltung, einem regionalen Diakonischen Werk und mit gemeinsam verantworteten Diensten und Referaten. Zweimal im Jahr treffen sich hauptamtliche und gewählte ehrenamtliche Vertreter der Gemeinden zu einer Synode, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.