Witten. In Witten sind rund elf Prozent der Bevölkerung überschuldet. Trotz Corona und Energiekrise hat sich die Situation aber leicht verbessert.
In Witten sind aktuell 9148 Menschen überschuldet. Das geht aus dem nun veröffentlichten Schuldner-Atlas Ruhrgebiet für das laufende Jahr hervor.
Demnach gelingt es in der Ruhrstadt mehr als elf Prozent aller Einwohner über 18 Jahren dauerhaft nicht, mit ihren monatlichen Einnahmen ihre Ausgaben zu decken – und damit fast jedem neunten Einwohner der Stadt. Im Vorjahr waren in der Ruhrstadt aber noch 123 Männer und Frauen mehr in finanzieller Not.
„Wir hatten in der Vergangenheit eine Zunahme der Überschuldung im ganzen Land gesehen und entsprechend immer wieder gewarnt. Fakt ist allerdings, dass sich die Befürchtungen bislang nicht bewahrheitet haben“, sagt Wolfgang Scharf, Geschäftsführer der Creditreform Dortmund. Das Unternehmen, das Daten über Privatpersonen und Firmen sammelt, gibt den Schuldneratlas mit heraus.
Zahl der Schuldner ist gegen die Erwartungen auch in Witten zurückgegangen
Denn entgegen der Erwartungen hat sich die Zahl der Menschen, die mit ihren Ausgaben kämpfen, sowohl deutschlandweit als auch im Ruhrgebiet verbessert. So hätten etwa viele Männer und Frauen seit Beginn der Coronapandemie auf Konsum verzichtet – freiwillig oder gezwungenermaßen. Aber auch die staatlichen Unterstützungsleistungen hätten hier einen wichtigen Beitrag geleistet, so Scharf.
Dementsprechend hat sich auch die Lage in Witten stabilisiert. Die Schuldnerquote ist leicht gesunken – von 11,37 Prozent im Vorjahr auf nun 11,3 Prozent. Sie liegt damit weiterhin über dem NRW-Schnitt von 10,05 (Vorjahr: 10,47 Prozent) und deutlich unter der Ruhrgebietsquote (12,75 Prozent).
Große Unterschiede zwischen den Stadtteilen
Zum Vergleich: Spitzenreiter im Pott ist Gelsenkirchen (16,94), knapp gefolgt von Herne (16,44) und Duisburg (15,87). Alle Städte des EN-Kreises zusammengenommen haben mit 9,77 Prozent die niedrigste Quote des gesamten Ruhrgebiets. Dazu tragen Kommunen wie Hattingen mit 8,79 Prozent und Wetter mit 7,85 Prozent Schuldnerquote bei.
Große Unterschiede zeigen sich erneut zwischen den Stadtteilen. Der Schuldneratlas schlüsselt seine Ergebnisse nach Postleitzahlen auf. Negativer Spitzenreiter ist weiterhin der PLZ-Bereich 58452 (mit Bommern, einem Teil Herbedes und der City). 2731 Männer und Frauen über 18 Jahre, die hier leben, können ihre Rechnungen nicht begleichen. Das sind 13,19 Prozent der dortigen Bevölkerung. Sprich: Etwa jeder siebte Einwohner hier ist überschuldet.
In drei Postleitzahl-Bezirken leben mehr als 80 Prozent der Wittener Schuldner
Negativ sticht auch der PLZ-Bezirk 58453 heraus (Annen, Mitte und Rüdinghausen). Hier liegt die Schuldnerquote aktuell bei 13,09. Im Vergleich zum Vorjahr ist sie aber leicht gesunken (2021: 13,15). Gleiches gilt für den PLZ-Bereich 58455, das Teile von Annen, Mitte und Heven umfasst. Dort ist die Schuldnerquote minimal von 11,87 auf 11,83 Prozent gesunken. In den drei genannten Postleitzahlbezirken leben insgesamt 7430 überschuldete Männer und Frauen – und damit über 80 Prozent aller verschuldeten Wittenerinnen und Wittener.
Am anderen Ende der Skala steht zum einen das PLZ-Gebiet 58454 (mit Annen, Düren, Rüdinghausen, Stockum). Hier kommen nur 7,41 Prozent der Bewohner mit ihrem monatlichen Einkommen nicht aus. Im Gebiet mit der Postleitzahl 58456 (mit einem Teil von Heven und Herbede (Hölzer)) trifft das auf 7,86 Prozent der Menschen zu.
Etwas mehr Beratungen als zuvor
Die Schuldnerberatung der Diakonie zählt in diesem Jahr bislang rund 600 Kunden. 2021 waren es 557 Hilfesuchende. Den steigenden Druck durch Inflation und Energiekrise spüre man nur ansatzweise, sagt Beraterin Gundula Beckmann. „In der Regel melden sich die Menschen erst, wenn der Dispo maßlos überzogen ist.“
Die Hauptgründe, warum Menschen sich an die Beratungsstelle wenden, seien weiterhin Arbeitslosigkeit und eine Veränderung in der Familienstruktur – sprich eine Trennung oder Zuwachs durch Kinder. „Dann kann eine Darlehensrate schnell zu hoch werden“, so Beckmann.
Im Durchschnitt sind die Hilfesuchenden in Witten mit 25.700 Euro verschuldet. Die meisten Schuldner (66 %) stehen aber mit 20.000 Euro oder weniger in der Kreide. Nur 3,5 Prozent schulden ihren Gläubigern mehr als 100.000 Euro, 1,5 Prozent müssen über 250.000 Euro zurückzahlen.