Gevelsberg. IG Metall Ennepe-Ruhr Wupper ruft zum Warnstreik auf: Kundgebung ist in Gevelsberg. Darum sind die Beschäftigten im Ennepe-Ruhr-Kreis so wichtig.

Trillerpfeifen, Rasseln, Menschenmassen, die durch die Gevelsberger Innenstadt ziehen und rote Fahnen schwenken. Das war ein deutliches Zeichen, das die Gewerkschaft IG Metall und mehr als 1300 Streikende am Donnerstagvormittag setzten. Sie signalisieren Kampfbereitschaft - auch über diesen zweitägigen Warnstreik hinaus.

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Viele sind mit Bussen angereist, die sich rund um das Rathaus aneinander reihen. Die Erste Bevollmächtige der IG Metall Ennepe-Ruhr Wupper, Clarissa Bader, erklärt, dass es etwa 20 Unternehmen im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt, die im Metall- und Elektrobereich produzieren. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden von der Gewerkschaft zu dem Warnstreik aufgerufen, um den Forderungen der Arbeitnehmervertretung mehr Nachdruck zu geben. „8 oder es kracht“, steht auf vielen Plakaten geschrieben. Acht Prozent mehr Gehalt, darum geht es an diesem Morgen in Gevelsberg, und auch um Aufmerksamkeit. Die Polizei sperrte Mauer-, Mittel- und Wasserstraße ab, Teile der Wittener Straße ab, um den langen Marsch der Streikenden möglich zu machen. Anschließend wurde der Vendômer Platz von den Menschen mit ihren Fahnen, Westen und Plakaten in rot getaucht.

Die Streikenden setzen sich für acht Prozent mehr Gehalt ein.
Die Streikenden setzen sich für acht Prozent mehr Gehalt ein. © WP | Carmen Thomaschewski

Dort gibt es die Kundgebung, es wird viel geredet, Musik gehört und sich eingeschworen. „Diese Bild ist einfach nur Wahnsinn“, sagt Clarissa Bader von der Bühne aus und spricht davon, dass in 20 Verhandlungen kein Angebot der Arbeitgeber gekommen sei. Erst nach sechs Wochen. Eine Einmalzahlung in Höhe von 3000 Euro auf 30 Monate verteilt steht nun im Raum. Die Gewerkschaft bleibt bei ihrer Forderung von acht Prozent mehr Gehalt. Bader fordert von den Arbeitgebern soziale Verantwortung. „Wo ist das Dankeschön dafür, dass Ihr in der Krisenzeit den Laden am Laufen gehalten habt?, fragt sie in die Menge.

Große Beteiligung

1300 Menschen waren bei der Kundgebung in Gevelsberg dabei. Clarissa Bader erklärt, dass sich aber mehr am Warnstreik beteiligt hätten, die aber nicht in Gevelsberg vor Ort gewesen seien. Konkrete Zahlen gibt es aber erst später.

Redner bei der Kundgebung waren: Clarissa Bader (Erste Bevollmächtigte und Hans-Jürgen Urban Geschäftsführendes Vorstandsmitglied (beide IG Metall), Jörg Kannapin, Betriebsrat bei Dormakaba, Frank Blasey von der Firma ZF aus Witten.

Lautstark und deutlich zu sein, das war Ziel der Veranstaltung in Gevelsberg. „Ich bin hier, weil ich es muss“, sagt ein Mann, der bei ABC beschäftigt ist. Um Solidarität zu zeigen, um für mehr Geld einzustehen. „Alles wird teurer. Von wegen 10,7 Prozent Inflation, am Ende des Monats muss ich 30 Prozent mehr für alles zahlen. Wie soll ich das schaffen“, fragt er und sagt, dass er die Heizung noch nicht an gemacht hätte, weil er Angst davor hat, die Rechnung für Gas später nicht mehr zahlen zu können. „Klar weiß ich, dass auch die Unternehmen mehr Kosten haben“, sagt ein anderer Mitstreikender. Doch die können ihre Mehrausgaben an die Kunden weiter geben. „Wir können das nicht.“

Die große Menschenmenge trifft sich auf dem Vendômer Platz.
Die große Menschenmenge trifft sich auf dem Vendômer Platz. © WP | Carmen Thomaschewski

Spax, Titan Intertractor, ABC, Ischebeck-Titan, Thyssenkrupp Bilstein und Dormakaba aus Ennepetal, ZF Witten, Ruhrpumpen… . Die Liste der betroffenen Firmen ist lang. Aber längst nicht mehr so lang wie früher. Der Strukturwandel sei auch hier angekommen, weiß Clarissa Bader. Klar, die Zeiten von Firmen wie Thyssen Henrichshütte mit 15.000 Beschäftigten seien längst vorbei. Doch der Ennepe-Ruhr-Kreis sei noch immer stark in der Metallbranche vertreten.

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Clarissa Bader ist sich sicher, dass es auch in Zukunft hier viele Industriearbeitsplätze geben wird, der Standort sei lange Zeit davon geprägt worden und sei es noch. Es gebe zwar weniger Arbeitsplätze in der Produktion, dafür seien viele davon in den Angestelltenbereich in den Firmen gewandert. „Trotzdem bleiben es Industriearbeitsplätze“, erklärt die Gewerkschafterin. Und die Unternehmen, die gut durch die Transformation gekommen seien, die seien weiterhin gut aufgestellt. Natürlich gebe es Firmen, denen es nicht gut geht, für diese sei die Gewerkschaft da und helfe dabei, Lösungen zu finden. Doch die meisten Firmen würden gut dastehen, an diesem Gewinn sollten sie ihre Beschäftigten auch Beteiligen.

Am Freitag wird übrigens weiter gestreikt. Dann werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in Wuppertal versammeln. Auch dann werden wieder Produktionen in den Städten des Kreises still stehen, um den Streikenden eine noch lautere Stimme im Tarifstreit zu geben.