Witten. Das Ende des Preisanstiegs bei Wohneigentum ist erreicht, meint die Wittener Maklerin Bettina Hartmann. Und nennt die ganz aktuellen Zahlen.

Die Preise für Wohneigentum sind in den letzten Jahren explodiert. Doch damit dürfte bald Schluss sein, meint die Wittener Maklerin Bettina Hartmann. „Wir haben die Spitze des Preisanstiegs erreicht. Jetzt sind wir in einem Bereich, in dem die Sache kippt“, sagt die 46-Jährige. Sie muss es wissen: Die Expertin liefert seit Jahren die Wittener Zahlen für den Preisspiegel NRW, der vom Immobilienverband Deutschland (ivd) herausgegeben wird.

Ihre Einschätzung deckt sich mit den Zahlen, die der EN-Kreis jetzt vorgelegt hat. Denn darin macht sich die Trendwende bereits bemerkbar: Laut Statistik sind die Preise für Wohneigentum im Ennepe-Ruhr-Kreis im ersten Halbjahr 2022 zwar erneut gestiegen, der Zuwachs fällt im Vergleich zum letzten Jahr allerdings gedämpfter aus.

Wohnen in Witten ist günstiger als in Dortmund oder Essen

Für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser meldet die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte gegenüber dem zweiten Halbjahr von 2021 ein Plus von sieben Prozent, bei Doppel- und Reihenhäusern lag der halbjährliche Zuwachs bei fünf Prozent, für Eigentumswohnungen bei neun Prozent. 2021 waren die Preise hingegen noch insgesamt um etwa 20 Prozent gestiegen, pro Halbjahr lag das Plus durchschnittlich bei zehn Prozent.

Neue Häuser in Witten haben ihren Preis – erst recht in einer guten Lage wie in der Bommeraner Heide.
Neue Häuser in Witten haben ihren Preis – erst recht in einer guten Lage wie in der Bommeraner Heide. © Hans Blossey

Von durchschnittlich sieben Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr spricht auch Maklerin Bettina Hartmann bei den aktuellen Immobilienpreisen. War ein einfaches freistehendes Einfamilienhaus 2021 noch ab 230.000 Euro zu bekommen, mussten die Käufer Anfang dieses Jahres schon 250.000 Euro auf den Tisch legen. Bei einem mittleren Wohnwert – er berechnet sich aus Bausubstanz, Ausstattung und Wohngebiet – stieg der Durchschnitts-Preis von 350.000 auf 375.000 Euro, bei gutem Wohnwert von 415.000 auf 440.000 Euro, bei sehr gutem von 525.000 auf 550.000. Zum Vergleich: Ein „mittleres“ Eigenheim in Dortmund kostet im Schnitt 480.000 Euro, auch in Essen und Bochum (beide 450.000) ist es teurer als Witten.

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Reihenmittelhäuser gibt es jetzt ab 190.000 Euro

Weitere Zahlen, die der ivd-Preisspiegel jetzt für Witten 21/22 ausweist: Bei den Reihenhäusern stieg der Kaufpreis von 180.000 auf 190.000 (einfach), 245.000 auf 260.000 (mittel) und 295.000 auf 320.000 Euro (gut), zugrunde gelegt wurden die Werte für ein Reihenmittelhaus. Bei den Eigentumswohnungen sieht es ähnlich aus: 1000 Euro pro Quadratmeter zahlten die Wittener im letzten Jahr für eine mittlere Eigentumswohnung, 2022 sind es 1100. Sehr gute Wohnungen verteuerten sich im Schnitt von 2300 auf 2500 Euro, bei Neubauten sogar von 3300 auf 3400 Euro.

Das ländliche Stockum gehört zu den besonders begehrten und daher teuren Wohngebieten in Witten, wie Maklerin Bettina Hartmann erklärt.
Das ländliche Stockum gehört zu den besonders begehrten und daher teuren Wohngebieten in Witten, wie Maklerin Bettina Hartmann erklärt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die hohen Preise kommen nicht von ungefähr. „Wir hatten bislang einen Verkäufermarkt“, erklärt Bettina Hartmann. Die Anbieter konnten sich die Kunden also aussuchen. „Und die haben sich ja sogar teilweise mit den Preisen noch überboten“, so die Stockumerin. Diese Zeiten seien vorbei. Schon jetzt gebe es deutlich weniger Kaufinteressenten, das hätten ihr Branchen-Kollegen erklärt, die in Immobilienportalen aktiv sind.

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Zinsrate steigt schnell aufs Doppelte oder mehr

Grund dafür sei – neben der allgemeinen wirtschaftlichen Verunsicherung – der Zinsanstieg. Statt wie noch im Januar 0,9 Prozent müssen jetzt um die 3,8 Prozent für Baukredite gezahlt werden – da steigt eine Rate schnell aufs Doppelte oder mehr. „Doch das können sich viele nicht mehr leisten“, weiß die Maklerin. Zumal gestiegene Energie- und Baukosten ja noch dazukämen. Und dann sei es wie immer bei Angebot und Nachfrage: Wenn die Zahl der Käufer sinkt, sind die Häuser länger auf dem Markt. „Und ich denke, spätestens in einem Jahr werden wir über gesunkene Preise sprechen.“

Und wie wohnen Sie?

Mit „Wie wollen wir wohnen?“ startet die Wittener Redaktion eine neue Serie rund um Immobilien-Themen. Darin geht es um Stadtentwicklung, um neue Gebäude, Baugebiete oder um besondere Wohnformen. Das kann eine ungewöhnliche Einrichtung sein oder auch ein spannendes Zusammenleben, etwa von Jung und Alt.

Leben Sie lieber ungewöhnlich? Wir freuen uns über Anregungen aus Witten. Dazu können Sie sich in der Redaktion melden: per E-Mail an oder 02302/910 30 30.

Was sollten Kaufinteressenten daher nun tun – abwarten? Nicht unbedingt, rät die Maklerin. Wer jetzt sein Traumhaus findet und bezahlen kann, sollte lieber nicht darauf hoffen, in einem Jahr etwas Vergleichbares billiger zu bekommen. „Wohnen hat schließlich ganz viel mit Wohlfühlen zu tun.“ Für beliebte Wohngegenden wie Stockum, Rüdinghausen oder Bommern werde man auch weiterhin tief in die Tasche greifen müssen. „Schnäppchen gibt’s nicht.“

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Allen, die es nicht ganz so eilig haben, empfiehlt Bettina Hartmann, vorerst das Geld zur Seite zu legen, das die Bau-Rate mehr als die Kaltmiete kosten würden. So spare man Eigenkapital an und wisse, ob das restliche Einkommen zum Leben reicht. „Außerdem sollte man schon im Vorfeld mit seiner Bank sprechen“, sagt die Expertin. Denn danach wisse man, in welchem Preisrahmen man überhaupt suchen kann. „Und wenn man was gefunden hat, muss man nur noch die nötigen Unterlagen einreichen.“