Bochum/Witten/Hattingen. Das hatte „Magia“: Álvaro Soler stoppte seine Europatournee für ein Konzert beim Zeltfestival. Und zeigte, dass er mehr kann, als Spanien-Pop.
Auf dem eher deutschpoplastigen Spielplan des Zeltfestival Ruhr bildet er die Ausnahme: Álvaro Soler war schon in vielen Ländern Europas ein Star, bevor er auch in Deutschland zum Fachmann für Sommerhits avancierte. Am Montagabend sorgte er auf dem Zeltfestival für eine Spanien-Party mit ordentlich „Magia“.
Das Publikum im fast ausverkauften Sparkassenzelt sind Frauengrüppchen, Pärchen, aber auch viele Familien mit Kindern, die den Sänger aus den „The Voice“-Sendungen im Fernsehen kennen. Viele haben ihre Konzerttickets zwei Jahre lang verwahrt. 2020 kauften sie sie noch für den kleineren Spielort, nun musste das Konzert ins größere Zelt verlegt werden, denn Señor Soler ist bekannter denn je. Der 1991 in Barcelona geborene Álvaro Tauchert Soler – sein Vater ist Deutscher, die Mutter Spanierin – wuchs in Tokyo auf. Er spricht fließend diverse Sprachen und produziert Gute-Laune-Hits am Fließband. Berühmt wurde er 2015 mit „El Mismo Sol“, das er kurz darauf im Duett mit Jennifer Lopez sang.
Álvaro sieht aus als käme er vom Strand
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Zwei Jahre warten – und dann das! Kurz legt die Band vor, es gibt ein Trompetenintro, der Bass wummst – und alle im Zelt hüpfen! Álvaro Soler betritt die Bühne und sieht aus, als käme er vom Strand. Dreitagebart, die Haare lässig zum Zopf gebunden, Hemd, die Hosenbeine hochgekrempelt, eben kühlte er ja noch die Füße im Meer. Der Eindruck trügt: Jeden zweiten Tag, mitunter täglich spielt der Deutsch-Spanier in irgendeiner Konzerthalle Europas. Eine mögliche Tour-Routine lässt er sich nicht anmerken.
Stattdessen feiert ihn das Publikum, obwohl die wenigsten hier Spanisch verstehen oder annähernd textsicher sind. Aber „Loca“ oder „Ella“, „La Libertad“ oder „Sofía“ schmettern sich gut durch die deutsche Kehle, ein bisschen „Bajando, bajando“, das geht! Bei „Manila“ bilden alle Kinder im Zelt den Chor. Das fühlt sich an wie eine Party an der Costa Brava. Wer im Publikum anfangs noch Maske trägt, rupft sie sich irgendwann vom schweißnassen Gesicht. „La cintura“, ein Lied, das zum unbeschwerten Tanzen auffordert, schenkt Álvaro seinem nach 90 Minuten vom Tanzen erschöpften Publikum zu Schluss.
Folklorestück auf der Akustik-Gitarre
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Der 31-Jährige zeigt aber, dass er mehr kann als urlaubstauglichen Spanien-Pop: Er singt eine Ballade am Klavier oder zupft ganz ruhig ein Folklorestück auf der Akustik-Gitarre. Manche Stücke klingen wie Reggae andere wie eine kubanische Salsa. Das Tempo seiner Band macht atemlos und Álvaro zwischenzeitlich sprachlos.
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Als er sieht, wie ein Mädchen aus der ersten Reihe das Konzert im Dauervideo-Telefonat der Schwester daheim übermittelt, schnappt er sich erstmal das Handy. Dran ist eine Lea, die Álvaro mit auf die Bühne nimmt. „Willst du mal sehen, wie das von hier oben aussieht“, fragt er und lehnt das Telefon gegen seinen Mikrofonständer. Lea hat den Blick aus der ersten Reihe. Ihr staunendes Gesicht im rosaumrandeten Handy-Display wird immer wieder auf der Großbild-Leinwand eingeblendet.
„Das ist aber auch ein Schnuckelchen“
Zwischendurch geht der Sänger in den Reihen der Konzertbesucher singend spazieren. Halt nein, er quasselt kurz, posiert für Selfies, ist durch und durch charmant. „Das ist aber auch ein Schnuckelchen“, raunt es eine Reihe weiter hinten – und plötzlich kommt er geradewegs auf einen zu. Hektisches Handy-Bildschirm-Entsperren, schnell ein Foto – nachher ist’s total verwackelt. Vielleicht ist ein solcher Moment noch mal im nächsten Sommer möglich. Soler nährt die Hoffnung, beim Zeltfestival 2023 seinen Auftritt zu wiederholen – wenn er bis dahin nicht längst noch größere Hallen füllt.
Alvaro Soler
