Witten. Das Hochwasser im Juli 2021 hat den Kanu Klub Witten mit voller Wucht getroffen. Vieles wurde zerstört. Zur Freude aller gibt’s ein neues Boot.
Fast ein Jahr ist der verhängnisvolle Tag her, an dem sich für die Mitglieder des Kanu-Klubs „Neptun“ Witten vieles änderte. Am 15. Juli 2021 fluteten die Wassermassen das Bootshaus, zerstörten die Wohnwagen auf den Wiesen und beschädigten die zahlreichen Kanus. Am Samstag (2.7.) gab der Klub eine Helferparty, taufte ein neues Boot und feierte den Wiederaufbau.
Bei der Bootstaufe lassen Falk Groth, erster Vorsitzender des Kanu-Klubs „Neptun“ und Dirk Brenscheidt, erster Vorsitzender des Lions Club Witten-Mark, die Korken knallen. Der Sekt ergießt sich über ein neues, grellgrünes Kanu, extra für Kinder, welches der Hilfsfonds des Lions Club Witten-Mark an den Verein gespendet hat. Auch ein neues Stand-Up-Paddle Board, Schwimmwesten, Helme und Paddel hat der Lions Club für insgesamt 1500 Euro finanziert.
Letztes Überbleibsel des Desasters
Die Stimmung ist beschwingt, die Sonne scheint und die Kulisse wirkt idyllisch. So, als wäre nie etwas gewesen. Wer allerdings genauer hinschaut, sieht, dass die Fassade des Bootshauses abblättert, die Verkleidung ist nach wie vor abgerissen. Es ist eines der letzten Überbleibsel des Desasters, das niemand in solch einem Ausmaß erwartet hätte. „Am Tag vor dem Hochwasser habe ich geahnt, dass unser Wohnwagen, der direkt am Ufer stand, etwas nass werden könnte. Aber dass er wegschwimmt und verschwunden bleibt, hätte ich nicht gedacht“, sagt Sonja Baßmann, Mitglied des Klubs und zuständig für die Jugendarbeit.
Ihr Sohn Anton darf die Jungfernfahrt in dem neuen Kanu machen. Die Kinder des Klubs haben diesen Tag ungeduldig herbeigesehnt, denn das nagelneue, schneidige Boot wartet schon seit drei Wochen darauf, ins Wasser gelassen zu werden. Etwa acht Boote wurden von den Fluten mitgerissen und so beschädigt, dass sie nicht mehr zu gebrauchen waren, erzählt Guido Werth, Schatzmeister des Vereins. Die restlichen Kanus und Kajaks haben die Klub-Mitglieder in den Wochen nach dem Hochwasser mühselig vom Schlamm befreit. Viele Boote haben Beulen davon getragen, können aber noch benutzt werden.
„Wir dachten, das sei hier das Paradies“
Auch interessant
Runde um Runde dreht Anton auf dem Wasser der Ruhr, sein Gesicht strahlt dabei vor Glück. „Das Boot ist nicht so schwer, wie die anderen Kanus, mit denen wir sonst fahren“, erklärt der Elfjährige, nachdem er wieder an Land ist. Anton, seine Geschwister Karl und Leni, seine Mutter Sonja Baßmann, und ihr Mann Tim, sind seit drei Jahren Mitglied im Kanu Klub „Neptun“. Mittlerweile hat die Familie einen neuen, gebrauchten Wohnwagen am Ufer der Ruhr auf dem Gelände stehen. Den Wetterbericht studiert Sonja Baßmann, seitdem der vorherige Wohnwagen weggeschwemmt wurde, akribisch. „Wir dachten, das sei hier das Paradies, bevor das Hochwasser kam. Am Anfang haben wir einige Tränen vergossen“, sagt die 42-Jährige. Das Unbedarfte, Entspannte, das sei weg.
Präsent bleibt stets die Angst vor den Fluten. Die Katastrophe habe den Klub noch viel enger zusammengeschweißt, erzählt die leidenschaftliche Kanufahrerin. Hilfe kam auch von außerhalb, von Fremden, die vorher nichts mit dem Klub zu tun hatten. Das komplette Gelände musste vom Schlamm befreit werden. All jenen Menschen gebührt an diesem warmen Sommertag, bei kalten Getränken und Bratwürstchen der Dank.
Klub fördert Jugendarbeit
Weil in den letzten Jahren einige Familien zum 64-köpfigen Kanu-Klub dazugekommen sind, wollen die Mitglieder den Fokus noch mehr auf die Jugendarbeit legen, dafür möchten sie gerne ein weiteres Kinder-Kanu anschaffen.Für die Reparatur der Fassade beantragt der Klub Landesmittel, ist aber auch auf Spenden angewiesen. Wer helfen möchte: Kanu-Klub „Neptun“ Witten, DE 94 430 601 290 001 274 901.
„Wir hoffen sehr, dass uns in der nächsten Zeit kein Hochwasser mehr überrascht“, sagt Vereinsvorsitzender Falk Groth nach der Bootstaufe. Allen ist bewusst, dass so etwas wieder passieren kann. Doch die Klub-Mitglieder haben aus ihren Erfahrungen gelernt. „Wenn nochmal so ein Starkregen angekündigt ist, dann retten wir die Sachen vorher“, sagt Sonja Baßmann. Bis dahin genießen die Klub-Mitglieder die Ruhr-Idylle. Denn an einem Tag wie diesem, mit dem glitzernden Wasser und dem neongrünen neuen Kanu, das am Ufer liegt, scheint die Hochwasser-Katastrophe fürs Erste überwunden zu sein.