Witten. Der Breddegarten in der unteren Wittener City verwahrlost zusehend. Im Gestrüpp liegt Müll, Flächen wuchern zu. Ein Pächter fürchtet Schlimmstes.
Viele Menschen nutzen den Durchgang im Breddegarten vor allem als Abkürzung. Wer mal eben schnell von Kaufland in die untere Wittener City will oder umgekehrt, geht dort entlang. Abseits des Weges gibt es noch 17 Parzellen, die die Stadt als Grabeland verpachtet. Und dieses Gelände verkommt zusehends. Hans-Peter Wenk, der als einer der wenigen Kleingärtner regelmäßig vor Ort ist, hat eine schlimme Vermutung.
„Ich habe das komische Gefühl, dass die Stadt darauf wartet, dass alle Gärten kaputtgehen, um dann etwas anderes mit der Fläche zu machen“, sagt der 82-Jährige, der seine Scholle seit zwölf Jahren hegt und pflegt. Zugegeben: Auch bei ihm gibt es keinen mit der Nagelschere gestutzten Rasen. „Ich lasse vieles wachsen. Es soll schließlich ein Naturgarten sein“, sagt Wenk.
Nur auf einer Parzelle im Wittener Breddegarten blüht es wunderschön
Rosen blühen hier in allen Farben. Sie tragen so schöne Namen wie „Little Miss Sunshine“, „Jugendliebe“ oder „Nostalgie“. Täglich kommt Wenk hierher. Wasser für die Blumen muss er aus dem 30 Meter entfernten Brunnen anschleppen. Jeder Pächter hat einen eigenen Schwengel dafür. „Der würde ja sonst geklaut.“ Selbst das Gitter über dem Abfluss ist angekettet. Die Wege auf dem Gelände sind total zugewachsen. Doch das ist nicht das Schlimmste.
An diesem Vormittag ist außer Hans-Peter Wenk niemand in den Gärten zu sehen. Was dafür ins Auge sticht: Mehr als die Hälfte der Parzellen wirkt unbenutzt. Gras und Büsche wuchern. In vielen türmt sich der Müll: alte Gartenmöbel, aber auch Säcke voller Getränkedosen und Essensreste.
„Früher haben wir regelmäßig ein Schreiben von der Stadt bekommen, dass wir die Hecken schneiden müssen und solche Dinge. Aber da kommt nichts mehr.“ Inzwischen hätten die älteren Pächter ihre Parzellen alle aufgegeben – obwohl sie für 120 Euro Pacht im Jahr „fast geschenkt“ sind, so Wenk.
„Am Abend gehe ich hier nicht durch“
Der Breddegarten hat immer wieder als Angstraum von sich reden gemacht. Inzwischen tut er das erneut. „Wenn es dunkel ist, gehe ich hier nicht mehr durch“, sagt etwa Marion Balzer (64), die gerade auf den Steinen am Durchgang eine Pause einlegt.
Zweimal brannte in der Vergangenheit eine Laube ab. Anwohner beschwerten sich über herumliegenden Müll und Lärm. Doch um 2015 herum schien sich die Problemzone in der City zunächst zu mausern. Die Zugänge wurden neu gestaltet und die betroffenen Pächter aufgefordert, eventuelle Schwarzbauten zu entfernen. Der Spielplatz am Durchgangsweg bekam ebenfalls ein neues Make-up.
Noch vor einem Jahr gab es Pläne für den Breddegarten – „Wittens grüne Lunge“, wie Wenk das Gebiet nennt. Die an der Bahnhofstraße geplante Waldorf-Kita sollte dort ein rund 900 m² großes Areal erhalten. Die Stadtverwaltung erteilte jedoch eine Absage. Hier würden sich Probleme der „Fürsorge, Hygiene, Sicherung, Instandhaltung und des Vandalismus“ ergeben, hieß es damals. „Die Stadt kümmert sich trotzdem um nichts“, klagt Wenk.
Auch interessant
Deren Sprecher Jörg Schäfer sieht das anders: „Wir lassen den Breddegarten nicht gezielt verkommen.“ Man denke gerade darüber nach, jenen Pächtern zu kündigen, deren Parzellen zu ungepflegt aussehen. „Was frei wird, vergeben wir neu.“ Darüber hinaus gebe es aber keine anderen Pläne.
Gerüchte machen die Runde: Will die Boecker-Stiftung anbauen?
Längst machen Gerüchte unter den Kleingärtnern die Runde und halten sich hartnäckig. So ist schon seit einem Jahr von einem Anbau der benachbarten Boecker-Stiftung die Rede. Männer hätten sich damals das Grundstück angesehen, so Wenk. Die Geschäftsführung der Boecker-Stiftung äußert sich dazu nicht. Die Stadt bleibt dabei: Ihr sei davon nichts bekannt.
Hans-Peter Wenk liebt sein grünes Fleckchen Erde. Doch nun hat er Angst, „dass die Stadt mir meinen Garten wegnehmen will“.