Witten. Seit dem 24. Februar wütet der Krieg in der Ukraine. Zu den ersten Flüchtlingen in Witten gehört die Familie Kovtok. Wie geht es ihr heute?
Was waren sie müde und erschöpft, als sie am 2. März in Witten ankamen. Da hatten Nikita (33) und Maria Kovtok (31) mit ihren drei kleinen Kindern und ihrer Mutter Tatjana (56) vier Tage Flucht und die schrecklichen Erlebnisse des Krieges hinter sich. Die schlafenden Kinder auf dem Arm, erreichten sie abends die Sammelunterkunft an der Brauckstraße. Nun, 77 Tage später, traf die WAZ die Familie wieder, die zu den ersten Ukraine-Flüchtlingen in Witten gehörte.
Sie kamen aus Charkiw, der Millionenstadt im Nordosten der Ukraine, die bis vor kurzem noch unter Dauerbeschuss der Russen stand und belagert wurde, bevor die Gebiete nördlich von Charkiw jetzt von der ukrainischen Armee zurückerobert worden sein sollen. Die Kovtoks lebten in Saltowka, jener Hochhaussiedlung mit 300.000 Menschen, die besonders betroffen war. Einschläge, Bomben, Raketen – schon früh entschlossen sich die Eltern, ihre drei Söhne Nazar (3), David (5) und Kirill (2) und sich in Sicherheit zu bringen. Es folgte eine lange Flucht mit dem Auto, bis sie in Deutschland, in Witten, in einer für sie unbekannten Welt ankamen.
Nun, bald drei Monate später, sieht alles schon ganz anders aus. Jedenfalls können Mama, Papa, die Kinder und Oma inzwischen wieder lächeln. Wir treffen sie im Stadtpark, wo sie gerade ein Selfie vor den wunderbar lila blühenden Rhododendron-Büschen machen. Die Kinder sind mit kleinen Fahrrädern und einem Roller unterwegs. Niemand käme auf die Idee, dass diese Menschen der Hölle entkommen sind.
Keine Betten in der Brauckstraße frei
690 Menschen aus der Ukraine haben sich bisher bei der städtischen Ausländerbehörde angemeldet: 465 Frauen, 225 Männer, 253 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Das meldet die Stadt in ihrer wöchentlichen Statistik.
Im Stadtgebiet leben in städtischen Unterkünften insgesamt 400 Geflüchtete. In der Unterkunft an der Brauckstraße wohnen 224 Menschen. Unter ihnen auch 133 Geflüchtete aus der Ukraine. Aktuell gibt es an diesem Standort keine freien Betten.
Inzwischen haben sie eine Wohnung in Bommern gefunden, der Vater macht ein Praktikum als Lagerist. Gerne würde der Elektriker wieder in seinem erlernten Beruf arbeiten. Er muss seine Papiere noch zertifizieren lassen. Tatjana, die 56-jährige Mutter von Maria, hilft ihrer Tochter mit den Kindern. Auch Marias Großmutter ist mit nach Deutschland gekommen, also die Urgroßoma der Kinder. „Sie ist gerade im Krankenhaus, das Herz“, sagt Vater Nikita, der ganz gut Englisch spricht.
Natürlich wollen sie irgendwann wieder nach Hause. Ihre Wohnung soll sogar noch unbeschädigt sein. Doch trotz der Erfolge, die die ukrainischen Soldaten im Raum Charkiw erzielt haben, ist ihnen die Lage aber noch viel zu unsicher. „Wir können noch nicht zurück. Der Krieg ist noch nicht vorbei.“ Wie lange er wohl noch dauern werde? Nikita Kovtok zuckt mit den Schultern. „Wochen, Monate, wir wissen es nicht.“ Zu den russischen Angreifern will er gar nicht viel sagen. „Das ist Geopolitik.“
Keine Betten in der Brauckstraße frei
690 Menschen aus der Ukraine haben sich bisher bei der städtischen Ausländerbehörde angemeldet: 465 Frauen, 225 Männer, 253 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Das meldet die Stadt in ihrer wöchentlichen Statistik.
Im Stadtgebiet leben in städtischen Unterkünften insgesamt 400 Geflüchtete. In der Unterkunft an der Brauckstraße wohnen 224 Menschen. Unter ihnen auch 133 Geflüchtete aus der Ukraine. Aktuell gibt es an diesem Standort keine freien Betten.
Erst einmal richten sie sich auf ein Leben in Witten ein. Sonntags gehen sie in die Kirche, im August kommt David, der älteste Sohn, in die Schule. Fast ein Stück Normalität. Zwischen all den Schreckensnachrichten aus der Heimat. Im Stadtpark zwitschern die Vögel. Das ist das Einzige, was für Familie Kovtok zählt: In Witten herrscht Frieden. Nichts sehnlicher wünschen sie sich auch für ihr Land.