Witten. Bei einer „Heimatkunde-Wanderung“ im Lutherpark Witten hat Geografin Birgit Ehses erklärt, was man in der Eile des Alltags oft übersieht.

Der Lutherpark ist seit vielen Jahrzehnten eine „grüne Lunge“ in der Wittener Innenstadt. Er soll der Erholung dienen, bietet viele Bänke und einen Kinderspielplatz. Was im Lutherpark so alles wächst und gedeiht, hat Geografin Birgit Ehses bei einer „Heimatkunde-Wanderung“ erklärt, zu der die Caritas-Projektgruppe „Das machen wir gemeinsam“ zusammen mit der Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte eingeladen hatte.

Geografin Birgit Ehses (re.) erklärte auf ihrer Wanderung durch den Lutherpark auch, welche Pflanzen dort wild wachsen.
Geografin Birgit Ehses (re.) erklärte auf ihrer Wanderung durch den Lutherpark auch, welche Pflanzen dort wild wachsen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

20 Frauen und Männer trafen sich dazu an einer großen Rosskastanie an der Ecke Augustastraße/Hauptstraße. Wer bis dahin nur ein Gänseblümchen von einer Brennnessel unterscheiden konnte, hat bei der Wanderung viel erfahren. Birgit Ehses, Vorsitzende der Wittener Naturschutzgruppe (NaWit), erklärte den Teilnehmern über 90 Minuten lang die Botanik des Parks. Die Rosskastanie etwa sei aus dem früheren osmanischen Reich nach Deutschland gekommen. Der Baum erhielt seinen Namen, weil seine Früchte in der Türkei an Pferde verfüttert wurden. Die Inhaltsstoffe der Kastanien sollten gegen den Pferdehusten helfen.

Gänseblümchen heilen Wunden

Worüber viele staunten: Kastanien können auch als Waschmittel dienen. Denn: Sie enthalten sogenannte Saponine, die wie Seife wirken. Der Lutherpark wurde zu früheren Zeiten als Friedhof genutzt. Vor dem Zweiten Weltkrieg lag auf dem heutigen Parkgelände ein evangelischer Friedhof, der 1826 eingeweiht wurde. Heute werden die Wiesen regelmäßig vom Grünflächenamt gemäht, auf kleineren Flächen können Wildblumen wachsen.

Aus Löwenzahn wurde früher „Kaffee“ hergestellt.
Aus Löwenzahn wurde früher „Kaffee“ hergestellt. © dpa | Matthias Bein

Auch über das allseits bekannten Gänseblümchen wusste Birgit Ehses einiges zu berichten. Aus den Blümchen lässt sich eine entzündungshemmende und wundheilende Salbe herstellen. Was viele schon beobachtet haben: Wenn Regen aufzieht, schließen Gänseblümchen ihre Blütenkelche. Löwenzahn, so die Geografin, stehe oft an stickstoffreichen Stellen – nicht selten gerade dort, wo Hunde ihren Urin beim Gassigehen hinterlassen. Unbelasteter Löwenzahn kann zu einem schmackhaften Salat werden. Einst wurde er auch getrocknet, zermahlen und aus dem Pulver Kaffee gekocht.

„Urweltmammutbaum“ im Lutherpark Witten kann über 30 Meter hoch werden

Werden Blätter der Knoblauchsraute aus der Familie der Kreuzblütengewächse zerrieben, macht ihr Geruch ihrem Namen alle Ehre, wovon sich der eine oder andere der Gruppe vor Ort überzeugen konnte. Birgit Ehses sprach auch über die größeren Parkpflanzen. Der Haselnussstrauch etwa liefert nicht nur leckere Nüsse, sein Holz lässt sich auch für den Bau von Zäunen nutzen. Die Früchte der Vogelbeere enthalten Parasorbinsäure, die leicht giftig ist und bitter schmeckt. Roh sollte man sie daher nicht essen. Die Früchte lassen sich jedoch zu Schnaps verarbeiten und sind dann in Maßen bekömmlich, sagte die Expertin.

Auf ihrem Weg durch den Lutherpark stand die Gruppe schließlich auch vor dem beeindruckenden 50 Jahre alten Urweltmammutbaum, der eine Höhe von über 30 Metern erreichen kann. Natürlich wusste die Geografin auch, dass der ausgestorben geglaubte Baum in den 1940er-Jahren zufällig in China wiederentdeckt wurde.

Die ältesten Bäume stehen in Witten-Bommern

Caritas-Projektgruppe bietet Themenführungen an

Die Caritas-Projektgruppe „Das machen wir gemeinsam“ im Marienviertel möchte seit ihrer Gründung im März 2021 ältere Menschen ansprechen, sie zusammenbringen und bewegen, erklärt Sozialarbeiter Rolf Kappel. Man wolle die Aufmerksamkeit und Wertschätzung für das erhöhen, was es in Witten gibt.

Bisherige Veranstaltungen drehten sich um Themen wie „Auf den Spuren des Nationalsozialismus“, „Hohenstein einmal anders gesehen“ und „Auf den Spuren von Otto Schott“. Für den 28. Mai ist die nächste Heimatkunde-Wanderung geplant. Unter Leitung von Hildegard Priebel können sich Interessierte auf die Spurensuche zur Hexenverfolgung in Witten begeben.

Wer die ältesten Bäume im Stadtgebiet sucht, findet sie übrigens in der Bommeraner Ruhraue. Dort stehen über 200 Jahre alte Esskastanien. Die NaWit-Vorsitzende bedauerte, dass im Lutherpark häufig nicht-heimische Pflanzen und Bäume angepflanzt werden - wie etwa der Amberbaum. Zu spüren bekomme dies vor allem die heimische Insektenwelt, da für diese das Nahrungsangebot dann deutlich niedriger ausfällt. Der Naturschutzbund Deutschland erklärt im Netz, welche heimischen Pflanzen Insekten in Gärten und Parks locken (nabu.de).