Witten. Viele Paare wollen nach zwei Corona-Jahren endlich heiraten und feiern. Die Gastronomie wird mit Terminanfragen geradezu geflutet. Was geht noch?
Während viele Corona-Regeln fallen, steigt die Zahl der Hochzeits- und Familienfeiern rasant. Restaurants und andere in Frage kommenden Räumlichkeiten sind bis zum Herbst nahezu ausgebucht. Es gibt viel Nachholbedarf – und durchaus Unterschiede zu der Zeit vor der Pandemie.
Auf Schloss Steinhausen in Witten sind die Termine bis Oktober vergeben
Martina Kobbeloer betreibt seit über 20 Jahren das bei Brautpaaren beliebte Schloss Steinhausen. Inzwischen erhält die Gastronomin wieder täglich mehrfach Anfragen, ob denn in nächster Zeit ein Termin zu haben ist. „Bis Oktober geht aber nichts mehr“, sagt sie. In beiden Sälen, sowohl Schloss (60 Plätze) als auch Kuhstall (120), seien die Wochenenden belegt. Zum einen handele es sich um Reservierungen von Paaren, die bis zu dreimal ihre Trauung verschoben haben. Zum anderen seien es eben Heiratswillige, die sich kurzfristig das Ja-Wort geben wollen.
Trotz aller Lockerungen wirft das Virus aber noch immer Schatten auf manche Feiern. „Sehr häufig kommen deutlich weniger Gäste als angemeldet“, weiß Kobbeloer. „Einige sagen den Gastgebern ab, weil sie wegen der Ansteckungsgefahr noch Feste meiden wollen. Andere haben Corona und müssen zuhause bleiben.“
Oftmals bleiben Senioren aus Sorge um Ansteckungsgefahr der Feier fern
Dass die Gästeschar dann doch kleiner ausfällt als gedacht, erlebt auch Farhad Tabrizi, Wirt des Restaurants „Mondo“ im Saalbau, immer wieder. Gerade ältere Menschen fühlen sich nicht wohl, wie er sagt, wenn drinnen auf begrenztem Raum viele Leute zusammenkommen. „Da bleibt man lieber der Feier fern.“ Es gibt aber auch noch eine andere Variante: Gäste kommen nur zum Stehempfang, weil der dann draußen stattfindet.
Erheblich mehr Trauungen im Wittener Standesamt
Die Zahl der Paare, die sich im Wittener Standesamt das Ja-Wort geben oder geben wollen, zieht an. Für die Hochzeitsmonate (April bis September) liegen bereits jetzt 391 Eheanmeldungen vor, davon allein 101 für den Mai.
Zum Vergleich: In 2020 haben 361 Paare die Ringe getauscht und 2021 waren es 329. Vor Corona, 2019, betrug die Zahl 410.
In der Pandemie waren während der Lockdownzeiten keine Hochzeitsfeiern möglich, außerhalb oftmals nur mit begrenzter Gästezahl.
Wenn weniger Gäste als angemeldet erscheinen, stellt sich die Frage, ob Paare trotzdem den vollen Preis zahlen müssen. Gastronomen gehen sehr unterschiedlich mit der Kostenfrage um, ergab die Nachfrage und zeigen Entgegenkommen.
Den Trend, dass jetzt wieder Restaurants für Hochzeiten oder auch runde Geburtstage sehr gefragt sind, kann der Gastronom aber nur bestätigen. Nach mauen Zeiten während der vergangenen zwei Jahre, „zieht es deutlich an“. Er kann im Saal „Mondolino“ bis zu 120 Personen unterbringen.
Wegen starker Nachfrage ein zusätzliches Festzelt für Haus Hohenstein
Über mangelnde Nachfrage kann auch Ajit Grewal von Haus Hohenstein nicht klagen. Er ist froh, dass er sich vor der Pandemie schon entschieden hat, bei Bedarf zusätzlich ein Festzelt (160 Plätze) aufzustellen. Bis Oktober ist Haus Hohenstein mit Saal (110 Plätze) und Zelt für (Hochzeits-) Feiern so gut wie ausgebucht. „Lediglich an dem einen oder anderen Freitag gibt es noch eine Lücke“, sagt der Eigentümer.
Maliq Bajrami hatte vor Corona Veranstaltungsräume am Dreerholz übernommen, um sie kräftig auf Vordermann zu bringen. Als er dort Anfang 2020 das „Extrafein“ (200 Plätze) eröffnete, lief es sofort richtig rund, erinnert sich der 36-Jährige. „Von überall her, aus Witten und dem Umland, meldeten sich Paare.“ Dann kam die Pandemie.
Bajrami steckte aber nicht auf. Er freut sich, durchgehalten zu haben. Jetzt erreichen ihn bis zu sechs oder auch mal sieben Anrufe am Tag – immer mit der Frage nach einem passenden Termin. Einige, ganz wenige hat er in den nächsten Wochen noch frei. Erstaunlich oft melden sich auch Paare, „die ganz ganz kurzentschlossen heiraten wollen“.
Auch andere Gastronomen wie Michael Keuser von Haus Herbede (bis zu 120 Plätze) wissen davon ein Lied zu singen. Sie vermuten: Die Heiratswilligen haben Sorge, dass ihnen hohe Coronazahlen im Herbst eine geplante Feier womöglich wieder verhageln würden.
So sehr die Zahl der Hochzeiten und anderer Familienfeste jetzt anzieht, bei Firmenfeiern herrscht derzeit noch Flaute. Die Unternehmen haben offensichtlich Angst, so die Wirte, dass nachher der Krankheitsstand unter den Beschäftigten den Betrieb lahmlegen könnte.