Witten. Zwei Jahre lang hat ein Mann aus Witten eine technisch ausgefeilte Drogenplantage betrieben. Jetzt stand er vor Gericht – dort war man verblüfft.
Zwei Jahre lang betrieb ein 36-jähriger Mann eine technisch ausgefeilte Drogenplantage in seiner Wittener Wohnung. Kripobeamte setzen dem Treiben an einem frühen März-Morgen des vergangenen Jahres ein Ende. Für Erstaunen sorgte jetzt vor Gericht, dass der Angeklagte nahezu blind ist.
Polizei fand eine technisch ausgeklügelte Anlage vor
Bis zum Schluss der Verhandlung ließ sich nicht eindeutig klären, wie der Beschuldigte es geschafft hat, eine ausgeklügelte Anlage mit Beleuchtung und Luftzufuhr für den Anbau der Marihuana-Pflanzen einzubauen und zu betreiben. Er sei handwerklich sehr geschickt, versuchte der Beschuldigte seine Vorgehensweise zu erklären, ab und an habe er auch Hilfe von Dritten erhalten. Seit seiner Geburt leide er unter einer Augenkrankheit, infolgedessen er weder einen Schulabschluss erlangen noch eine Lehre habe abschließen können, erläuterte der Wittener.
Auf den Gedanken, eine Plantage anzulegen, kam er nach eigener Schilderung durch ein weiteres Handicap, unter dem der Mann ebenfalls seit Kindestagen leidet, nämlich Konzentrationsstörungen und Hyperaktivität. Herkömmliche Medikamente hätten nie wirklich weitergeholfen, um die Probleme in den Griff zu bekommen, Marihuana habe aber häufig die gewünschte beruhigende Wirkung erzielt. Natürlich habe er gewusst, dass Anbau und Besitz strafbar sind.
Marihuana-Mengen lagen im Blumentopf
Bereits zu Beginn der Verhandlung hatte Richterin Barbara Monstadt Bilder der Polizei aus der Wohnung des Angeklagten zeigen lassen. Zu sehen war dabei auch der Abtransport der Plantage. Eine komplette Lkw-Ladung kam seinerzeit zusammen. Das gesamte Ausmaß war für Staatsanwalt Sascha Kargitter schließlich auch das Argument, dass hier kein minder schwerer Fall vorliege. Die Anlage habe nahezu ein komplett umgebautes Zimmer der Wohnung gefüllt. Die vorgefundene Menge an Marihuana bot dem Angeklagten, wie er selbst einräumte, Vorrat für drei bis sechs Monate. Zudem stieß die Polizei mengenweise auf Samen für neue Pflanzen. Da der Angeklagte der Kripo sehr genau Auskunft über Anbau und Qualität geben konnte, hinterließ er den Eindruck, dass „er sich sehr gut auskennt“, wie es ein Beamter im Zeugenstand formulierte. Marihuana sei im Übrigen nicht nur in dem Plantagenraum, sondern auch in der Küche gefunden worden - in einem Blumentopf.
Wie er denn die gesamte Anlage und Pflanzen habe finanzieren können, wollte zudem die Richterin wissen. Der Sozialhilfeempfänger gab an, er lebe sehr sparsam, züchte selbst Obst und Gemüse und habe sich immer auch ein wenig Geld zurückgelegt. Sein Verteidiger Christoph Nattermann bat das Gericht mit eindringlichen Worten, mildernde Umstände für den Angeklagten gelten zu lassen angesichts seines Lebensweges und seiner Erkrankungen.
Am Ende lautete das Urteil ein Jahr und drei Monate Haft auf Bewährung plus 100 Stunden gemeinnützige Arbeit. Bei aller Berücksichtigung der Lebensumstände des Beschuldigten habe das Gericht vor allem das erhebliche Ausmaß von Anbau und Besitz der Drogen zu bewerten, auch wenn der Angeklagte damit keinen Handel betrieben habe, meinte Richterin Monstadt.