Witten. Wittens Superintendentin betreibt einen Online-Shop für Schnitzarbeiten aus Bethlehem – und sorgt auch dafür, dass Hunde kleiner als Kamele sind.

Krippen, Kreuze, Kochlöffel: Viele Wittener werden die wunderbaren Arbeiten aus Olivenholz kennen, die die Johannisgemeinde seit vielen Jahren in der Adventszeit verkauft. Auch an diesem Wochenende gibt es wieder Schönes und Nützliches aus dem Heiligen Land am Verkaufsstand in der Johanniskirche. Alle, die dann keine Zeit haben, müssen sich nicht grämen. Superintendentin Julia Holtz betreibt inzwischen das ganze Jahr über einen Online-Shop, über den sie das Kunsthandwerk verkauft.

Ihre enge Beziehung zu Palästina ist über 30 Jahre gewachsen. 1992/93 war Julia Holtz als Freiwillige in einer evangelischen Schule in der Nähe von Bethlehem im Einsatz. Sie hatte engen Kontakt zu den Christen dort, freundete sich mit einer Familie an. Als sie heimfuhr, gab ihr der Vater die ersten Olivenholz-Arbeiten mit auf den Weg. „Die habe ich dann dann auf Basaren verkauft“, erinnert sich Holtz.

Lange wurde die Waren auf dem Wittener Weihnachtsmarkt verkauft

Als sie 1995 Pfarrerin in Johannis wurde, konnte sie das Geschäft mit den Schnitzereien zu einem Projekt der Gemeinde machen. Mehr als zehn Jahre lang verkauften Ehrenamtliche die Arbeiten mit großem Erfolg in einer Hütte auf dem Weihnachtmarkt. Dann ging der Umsatz zurück. „Die Wittener waren alle versorgt, kauften höchstens noch ein Schäfchen für ihre Krippe nach.“

Julia Holtz überlegte, wie das Geschäft effizienter laufen könnte – und gründete 2017 schließlich mit Barbara Breitenbach und einer weiteren Wittener Freundin eine Unternehmergesellschaft, um ganz offiziell einen Online-Shop betreiben zu können.

Superintendentin Julia Holtz besucht „ihre“ Werkstätten in Palästina regelmäßig. Zuletzt war sie vor vier Jahren dort.  
Superintendentin Julia Holtz besucht „ihre“ Werkstätten in Palästina regelmäßig. Zuletzt war sie vor vier Jahren dort.   © Holtz

Mit 1500 Euro Startkapital und einem Lager im Keller ging es los. Die drei Frauen teilten sich die Arbeit auf. Eine macht die Buchhaltung, eine die Kundenbetreuung und Julia Holtz kümmert sich um die Partner in Palästina. Etwa 40 Schnitzer aus der Nähe von Bethlehem sind für die Wittenerinnen tätig. Ein Ansprechpartner vor Ort koordiniert die Bestellungen und macht das Marketing für die Kooperative christlicher Familien. Die 59-Jährige kennt ihn schon lange: Es ist der Sohn ihrer Freunde von damals, ihr Patenkind.

Die gelieferten Hunde waren doppelt so groß wie Kamele

Mit ihm bespricht sie nicht nur die Bestellungen, sondern auch die Reklamationen. „Wenn im Shop steht, der Engel ist zwölf Zentimeter groß, dann muss der nächste Engel das auch sein“, sagt sie und fügt schmunzelnd hinzu, arabische Handwerker seien da manchmal etwas großzügiger mit den Abmessungen.

Es braucht viel künstlerisches Feingefühl und handwerkliches Geschick, damit so ein Kamel aus dem wunderschön gemaserten Olivenholz entsteht.  
Es braucht viel künstlerisches Feingefühl und handwerkliches Geschick, damit so ein Kamel aus dem wunderschön gemaserten Olivenholz entsteht.   © Holtz

Auch die Entwicklung von neuen Produkten laufe nicht immer ganz reibungslos. Als Holtz vor einiger Zeit Hunde für die Hirten in den Krippen orderte – weil die Kunden immer wieder danach gefragt hatten –, sagten die Schnitzer gleich zu. „Doch die Hunde, die sie lieferten, waren zwar niedlich. Aber doppelt so groß wie die Kamele.“

Onlineshop liegt bei den Google-Treffern ganz weit vorn

Inzwischen sind die Hunde geschrumpft und gehören zum regulären Sortiment. Ebenso wie Küchenartikel, Handschmeichler, Engel, Rosenkränze oder Kreuze. Die Preisspanne ist groß. Ein kleines Herzchen mit der Aufschrift „Lieblingsmensch“ gibt es schon für 4,50 Euro. Teuerstes Teil ist die Krippe „Gloria“ für 1490 Euro. „Das ist aber auch kein Kunsthandwerk mehr, sondern Kunst“, sagt die Pfarrerin. Der Schnitzer hole in wochenlanger Feinarbeit mit einem kleinen Bohrer lebendige Gesichter aus dem Holz.

Das Team von Bethlehem-Shop: Barbara Breitenbach, Julia Holtz, Elias Awad (der Koordinator in Beit Sahour) und Jürgen Breitenbach (v.l.).  
Das Team von Bethlehem-Shop: Barbara Breitenbach, Julia Holtz, Elias Awad (der Koordinator in Beit Sahour) und Jürgen Breitenbach (v.l.).   © Schneidmüller-Gaiser

Der Onlineshop ist inzwischen nicht nur bei den Google-Treffern ganz weit vorn, wie die Wittener Superintendentin stolz feststellt, sondern auch bundesweit gefragt. Gemeinden kaufen Kreuze für ihre Kommunionkinder, Brautleute Herzen mit dem Hochzeitsdatum, junge Eltern lassen sich den Namen ihres Kindes in eins der kleinen Kunstwerke eingravieren.

Auch das Raiffeisen-Porträt in Weihnachtsanhängern ist machbar

Auch ausgefallene Sonderwünsche sind machbar. „Wir hatten gerade eine Anfrage für Weihnachtsanhänger mit dem Porträt von Friedrich Wilhelm Raiffeisen“, sagt Holtz. Kein Problem. Denn obwohl das meiste noch von Hand gemacht wird, arbeiten einige der Schnitzer inzwischen auch mit Lasertechnik.

Etwa 40 Schnitzer aus der Kooperative christlicher Familien in der Region Bethlehem arbeiten für den Wittener Shop.
Etwa 40 Schnitzer aus der Kooperative christlicher Familien in der Region Bethlehem arbeiten für den Wittener Shop. © Holtz

Dabei ist das Schnitzen bei den Christen in Palästina seit Jahrhunderten Tradition. Als Franz von Assisi das Pilgern etablierte, kamen die Reisesouvenirs in Mode. „Ein Kreuz aus dem Heiligen Land war damals schon in“, sagt Holtz. Bis heute leben die Schnitzer vor allem von den Touristen. Jetzt, da die fehlen, ist die Situation für viele von ihnen schwer. „Sie müssten hungern, wenn es nicht jemand in ihren Familien gibt, der sie unterstützt.“

Hier gibt es die Produkte

Der Online-Handel von Julia Holtz und ihren beiden Kolleginnen ist unter bethlehemshop.de zu erreichen. Bei Fragen sind die Betreiberinnen unter info@bethlehemshop.de oder 02302 20 26 917 zu erreichen. Wittener können „Selbstabholung“ anklicken, dann kann die Ware kurzfristig und ohne Versandkosten im Weltladen an der Beethovenstraße abgeholt werden.

Wer sich eine der Arbeiten lieber vor Ort aussuchen möchte: Am Samstag und Sonntag ist der Verkaufsstand in der Johanniskirche noch aufgebaut. Verkauft wird Samstag von 10 bis 12 Uhr und am Sonntag vor und nach dem Gottesdienst – also von 10.30 bis 11 und von 12 bis 12.30 Uhr.

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Auch Julia Holtz und ihren beiden Kolleginnen geht es um die Hilfe. Mit dem Shop, der 2019 immerhin knapp 15.000 Euro Umsatz gemacht hat, wollen sie kein Geld verdienen, sondern ein wenig dazu betragen, dass die Christen in Palästina eine Zukunft haben. Ihr Leben sei unter der israelischen Militärverwaltung sehr beschwerlich, viele würden auswandern – so dass inzwischen nur noch ein Prozent der Bevölkerung in Palästina christlich geprägt sei. Holtz will helfen, diesen Rückgang zu stoppen. „Denn das Land der Bibel ohne Christentum – das stelle ich mir schrecklich vor.“